Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Gesellschaft für Vervielfältigende Kunst [Hrsg.]
Die Graphischen Künste — 24.1901

DOI Artikel:
Mont, Pol de: Die graphischen Künste im heutigen Belgien und ihre Meister, [2]: Karel Doudelet, Edmond van Offel, Armand Rassenfosse, Albrecht Baertsoen, Alexander Hannotiau, Karel Mertens
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.4243#0046
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
36

Es ist zu bedauern, dass Mertens so wenig als graphischer Künstler gearbeitet und geleistet
hat. Die kleine Zahl seiner 6 und 8 Bilder, für das Album der Antwerpener Radirer gemacht, verriethen
in der That eine so seltene Anlage, dass jeder Kunstfreund das Recht hat, es ihm als eine schwere
Sünde anzurechnen, dass er ihrer seit 1890 bis heute noch kaum mehr wie drei vollendet hat.

Was für ein glücklicher und erfahrener Zeichner er ist, zeigt er uns nicht bloss in all seinen
Gemälden, mit keiner einzigen Ausnahme, sondern auch in einer Anzahl Kreide-, Kohlen-, Bleistift-
und Federzeichnungen sehr verschiedenen Charakters.

Überraschend nenne ich das Bildnis seiner Mutter, auf grobem, blauen Papier, mit weissem
Pastellstift und gewöhnlichem Bleistift ausgeführt, sehr ernst und gediegen, ohne irgend ein Kritzelchen
zu viel, vollkommen reif und vollendet. Viel eleganter aber nicht so tief ist das »Bild seines
Bruders«, nicht viel mehr wie der Umriss, aber kräftig und lebendig. Dann »Ein Jude«, ein
charakteristisch gesehener Kopf eines alten israelitischen Mannes mit bewunderungswürdig
gezeichneten ängstlichen Augen. Auch ein paar symbolische Zeichnungen, u. a. die Illustration
Efjict xat tat? Mouacuc für meine Gedichtensammlung »Iris« verdienen hier Erwähnung.

Seine Radirungen stimmen ziemlich getreu mit seiner Malerarbeit überein, in Bezug auf die
Gegenstände gänzlich, in der Bearbeitung zum Theil.

Die, welche er vor 1888 machte, zeichnen sich durch eine ängstlich genaue Wiedergabe der
Gegenstände aus, die sich in fein detaillirten, äusserst sorgfältig angebrachten, meistens einander
quer durchkreuzenden Linien äussert. Schöne Eintheilung des Lichtes und der Schatten und
tadellose Zeichnung der Formen sind deren unbestreitbare Tugenden. »Bei dem Schleifstein«,
»Schuster«, »Im Wasserhaus in Antwerpen«, »Der Raucher« sind unzweifelhaft die besten
dieser Folge.

Die späteren Radirungen, deren es leider sehr wenige gibt, zeichnen sich unter Einwirkung
seiner Plein-air-Studien durch eine kühne Beleuchtung und durch eine viel breitere Zeichnung aus:
»Die Spinnerin«, »Gross vat er«, »Die Kajüte«. Namentlich das letztgenannte Blatt ist äusserst
gut gelungen. Es sitzt dort ein alter Schiffer in seiner Ecke auf einer Bank, eine mit köstlichem
Humor gezeichnete Figur.

Für den »Verein schöner Künste in Gent« radirte Mertens im Jahre 1889 auf eine grosse Platte
eines seiner grösseren Bilder: »K irmessfeiernde Kinder«.

Mertens hat es wahrlich bloss zu wollen, um in kürzester Frist einer der ersten Radirer
der südlichen Niederlande zu werden.
 
Annotationen