Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
46

Gesetz regelmässigen Erscheinens zu fügen, und will gelassen dann und wann einen Monat
überspringen, oder er verwandelt sich selber zur Verwirrung und Bestürzung seiner Subscri-
benten aus einer vierteljährigen in eine monatliche Revue und wieder zurück. Aber all diese
Zeitschriften haben einen Herausgeber und einen Verleger, und keiner von diesen ist zuerst
und hauptsächlich Künstler, wenn er es überhaupt ist. Er leitet sein Blatt nicht zu seinem eigenen
Vergnügen und zu dem seiner Freunde und einiger weniger Abseitsstehender, welche kaufen
wollen, was immer er ihnen bietet, sondern zum Behagen des Publicums; ihm schwebt
stets die Furcht vor dem Salontisch des Mittelstandes vor Augen. In Kunst und Literatur geben
diese Zeitungen, oder wenigstens die ältesten und am sichersten begründeten von ihnen, dem
Publicum nur das, was ihm zusagt; sie reproduciren die Werke anerkannter Meister, alter
und neuer, anstatt der neuen und originellen Schöpfung eines sich gerade emporringenden
Talentes nachzuspüren; und die meisten der literarischen Beiträge bestehen aus leeren und ver-
schwommenen kritischen Artikeln, die ebensowenig Ärgernis als Belehrung geben. Wer für eine
englische Kunstzeitung schreibt, muss vor allen Dingen populär sein; Allgemeinheiten werden
Details vorgezogen; genaue Untersuchung wird weder verlangt noch ist sie willkommen; für den
Kunsthistoriker, den wissenschaftlichen Kunstforscher ist kein Platz in einem dieser Blätter.

Die früheste dieser Künstlerzeitschriften war der »Germ« (Keim), der fast als das officielle
Organ der »Pre-Raphaelite Brotherhood« hingestellt werden darf. Von diesem wurden nur vier
Nummern veröffentlicht, und zwar vom Januar bis zum Mai 1850. Die ersten zwei Nummern
waren betitelt: »The Germ: Thoughts towards Xature In Poetry, Litterature and Art.« Im dritten
(April-) Hefte war dieser Titel folgendermassen abgeändert: »Art and Poetry: Being Thoughts
towards Nature. Conducted principally by Artists.« In ein paar auf den Umschlag der Nummern
3 und 4 gedruckten Paragraphen ist der Zweck der Zeitschrift auseinandergesetzt: »Von dem
wenigen Wertvollen, was über die Principien der Kunst geschrieben worden ist (natürlich aus-
genommen das über das rein Mechanische), rührt nur ein verschwindend kleiner Theil von Künstlern
selbst her, und dieses Wenige ist so zerstreut, dass man kaum weiss, wo anders die Ideen eines
Künstlers zu finden sind als in seinen Gemälden. Mit der Absicht, der Künstler eigene Gedanken über
die Natur vorzuführen, insoferne sie sich in der Kunst offenbart, und zwar in einer anderen Sprache
als der den Künstlern eigenthümlichen, ist diese Zeitschrift gegründet worden.« »Es ist geplant, die
Principien jener zum Ausdruck zu bringen, welche, vom wahren Geiste der Kunst erfüllt, einem
strengen Anschluss an die Einfachheit der Natur, sei es in Kunst oder in Poesie, Geltung ver-
schaffen wollen« u. s. w. Die Präraphaeliten selbst nahmen ihren'Beruf und ihre Pflichten als
Schüler und Deuter der Natur sehr ernst. Dieser Ernst, diese Ehrfurcht vor der Natur und eine
etwas beschränkte Auslegung von »christlicher« Kunst im Gegensatz zu »heidnischer« sind die
hervorstechendsten Merkmale der kritischen Aufsätze. In einem wird Mantegna als ein Heide
streng verdammt. »Eine kleine Wolke, so gross wie eine Menschenhand, stieg aus Squarciones

H. P. Hörne.

Schlusstück aus >The Hobby Horse*. (Nach der Handzeichnung im Brit. Mus.)

Werkstatt empor, durch
seinen Schüler Mantegna
gewann sie Dichte und
Ausdehnung; . . . Italien
wurde schliesslich mit
dem Riesentuch und der
dicken Nacht des Heiden-
thums bedeckt.« Man-
 
Annotationen