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Gesellschaft für Vervielfältigende Kunst [Editor]
Die Graphischen Künste — 32.1909

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Clément-Janin, ...: Charles Cottet
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https://doi.org/10.11588/diglit.4231#0064
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malerischen Ansichten aus Algier. Im Jahre 1894 erhielt er ein Reisestipendium und besuchte
Ägypten; später ging er nach Italien, Holland und zuletzt (1905) nach Spanien. Auch Krankreich
selbst hat er als Künstler bereist, so besonders die Dauphine, wo ihn die alte Stadt Pont-en-Royans
zu Bildern und zu Entwürfen für Radierungen anregte, und das benachbarte Savoyen, woher seine
Eltern stammen; er selbst ist zu Puy (Haute-Loire) am 12. Juli 1863 geboren. Auch mit Frauen-
bildnissen hat sich Cottet, vornehmlich in den letzten Jahren, beschäftigt, wobei es ihm, fast wie
bei Landschaften, vor allem auf Beleuchtungsstudien anzukommen scheint. So malt er dieselbe
Dame (Fräulein J.-L. B., 1906) einmal unter Lampenlicht, dann in Mittagsbeleuchtung usw.; ein
anderes dieser Bilder führt den bezeichnenden Titel: »Crepuscule, d'apres Fräulein N. F.« (1907).

Immer wieder aber kehrt er zu seiner geliebten Bretagne zurück und schildert ohne falsche
Romantik und theatralische Vergröberung sie und ihre Bewohner, die von uralters her keine andere
Quelle der Freuden und Schmerzen kennen als das Meer. Sein Genosse und Freund Lueien Simon
betont sozusagen mehr das volkskundlich Interessante und malt mit Vorliebe das äußere Leben
dieser Seeleute, das so einförmig und doch so tragisch ist und das nur hie und da laute Vergnügungen
und der Festreigen der Kirche unterbrechen. Cottet dagegen malt ihre rein menschlichen Gemüts-
bewegungen, besonders die Ergebung und die Trauer, die er in klugem Gegensatz mit den entzückenden
Farben seiner feinabgestimmten Palette begleitet. Diese beiden und als Dritter Dauchez, der kraft-
volle Zeichner der Bretagne, ergänzen sich gegenseitig und dank ihnen ist dieser Winkel Frank-
reichs künstlerisch so vollkommen zur Geltung gekommen, wie kein anderer Teil des Landes, nur
den Wald von Fontaincbleau, Versailles und Paris ausgenommen.

Cottet hat sich ziemlich spät der Radierung zugewandt. Hat er auch schon gezeigt, was er
darin zu leisten vermag, so wollen wir doch nicht die Hoffnung aufgeben, dal.) noch mehr und
Größeres von ihm zu erwarten ist und daß er, müde der Wiederholung eigener Bilder und müde
technischer Versuche, die doch einmal ein Ende haben müssen, seine volle Kraft der Original-
radierung widmen werde. Kein Zweifel, daß seine reiche Begabung ihm dann einen ebenso hohen
Rang unter den Radierern zuteilen wird, wie er ihn jetzt schon unter den Malern einnimmt.

Clement-Janin.
 
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