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Henri de Toulouse-Lautrec, Schlafendes Mädchen. Rotelzeichnung.

Sammlung des Herrn A. W. v. Heymel.

TOULOUSE-LAUTREC.

Noch vor einem Jahrzehnt hielt man ihn für einen Karikaturisten und Plakatzeichner, für einen
Mann etwa vom geistigen Format eines Steinlen. Heute weiß man, daß er einer der großen
Künstler des modernen Frankreichs war, und zwar nicht nur im engen fachmännischen Sinne des
Wortes, sondern in seiner Weltbedeutung: ein Künstler von der tiefsten menschlichen Wirkung.

Er gehört unter die großen Aufrichtigen dieser Nation, und mit seiner LInerschrockenheit
und seiner künstlerischen Schamlosigkeit hat er, wie alle Aufrichtigen tun, ganz neue Dinge
gesehen und sehen gelehrt: den wahrsten Ausdruck der menschlichen Natur, den Ausdruck der
animalischen Seele, vor dem keine Maske mehr schützt, wenn einer kommt, der durch und durch
sieht. Er ist kein Beobachter im gewöhnlichen Begriff, nicht einer, der schlechthin nach außen
beobachtet, um zu schildern und die Buntheit des Sichtbaren festzuhalten. Äußerliches, Zufälliges
und Bedingtes interessiert ihn nicht sonderlich. Was ihn angeht, das ist die tiefer liegende
menschliche Natur, die treibende Kraft und der Untergrund aller Empfindungen — die bete humaine.
Um sie zu finden, brauchte er Menschen ohne Konvention, Menschen, die das Animalische noch
nicht verlernt haben und nicht alle ihre Regungen immer verstecken, wie der gesittete Bürger des
NIX. Jahrhunderts zu tun pflegt. Und so ging er seinen Weg außerhalb der Welt, der er durch
Geburt angehörte. Er suchte den Menschen an den Stätten der Lust und des Vergnügens, in den
 
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