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GUSTAV KLIMT.

»Kannst du nicht allen gefallen durch deine Tat und dein Kunstwerk,
Mach es wenigen recht, vielen gefallen ist schlimm«.

Es war eine schöne Zeit, als in Wien das »Ver sacrum« und die »Secession« gegründet
wurden. Dieser tatkräftige Zusammenschluß der jungen Künstler wirkte um so stärker und tiefer, als
ihm im Wiener Kunstleben Jahre bitterer Dürre vorangegangen waren und diese wieder die noch
unvergessene Glanzzeit mit Hans Makart an der Spitze abgelöst hatten. Dazu kam noch, daß man
in Wien trotz aller Abgesperrtheit immerhin von den großen Umwälzungen, die mittlerweile die
Kunst im Auslande durchgemacht hatte, wußte, allerdings mehr vom Hörensagen als aus eigener
Anschauung.

Über Makart und seine Kunst den Stab zu brechen, ist heutzutage ebenso Mode, wie über
Theophil Hansen, "Friedrich Schmidt und Heinrich Ferstel ein geringschätziges Urteil zu fällen.
Zum Glück ist aber die Geschichte doch nicht ganz und nicht immer vom Zeitgeschmack
abhängig und wird daher diesen großen Architekten, die auch »der Zeit ihre Kunst« gegeben haben,
einst ebenso zu ihrem Recht verhelfen wie Hans Makart.

Nicht als historische Wertung der Makart-Zeit, sondern bloß als persönliche Erinnerungen, die
eine Vorstellung von der mit Makarts Werk und Person geschwängerten Wiener Atmosphäre jener
Tage geben sollen, mögen die folgenden Schlagworte hier verzeichnet werden: die unerhörte
künstlerische Pracht des Festzuges; das Gedränge vor dem Künstlerhaus, als darin der »Einzug
Karls V. in Antwerpen« ausgestellt war; die Bestürzung, die die Nachricht von Makarts Tode auf
der vierten Galerie des Theaters an der Wien hervorrief; das Leichenbegängnis, an dem ganz
Wien teilnahm; das märchenhafte Atelier mit dem »Frühling« auf der Staffelei, an dessen Voll-
endung der Künstler durch den Tod gehindert worden war; die massenhaft besuchte Makart-
Ausstellung im Künstlerhaus.

Das perikleische Zeitalter, die italienische Renaissance gelten uns als Ideale von Epochen, in
denen die Kunst ein ganzes Volk durchdrungen hat. In den wenigen Jahren von 1879 bis 1884
nun hat die Kaiserstadt an der Donau mindestens insofern eine solche Periode miterlebt, als sich
damals in Wien für Makarts Tätigkeit wirklich jedermann interessierte. Denn seit dem Festzug
hatte der Gebildete ebenso wie der Mann aus dem Volk von der Kunst einen neuen, erhöhten
Begriff gewonnen und alles wußte, wer Makart war und was er ungefähr schuf. Schon diese eine,
zugegeben nicht rein künstlerische Seite von Makarts Wirksamkeit darf bei dem Urteil über die
Bedeutung, die er für seine Zeit hatte, nicht außeracht gelassen werden.

Aber Makart war 1884, erst vierundvierzig Jahre alt, gestorben, und 1885 war ihm Canon
im Tode nachgefolgt. 1889 war dann Pettenkofen verschieden, und 1892 hatten Leopold Karl
Müller und Jakob Emil Schindler Pinsel und Palette für immer aus der Hand gelegt. Seit dem
Heimgang dieser Besten aber war der Glanz der Makart-Zeit verblichen.

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