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Gesellschaft für Vervielfältigende Kunst [Hrsg.]
Die Graphischen Künste — 37.1914

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Glück, Gustav: Jan van Eycks Bildnis eines Mannes im Bruckenthalschen Museum in Hermannstadt
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https://doi.org/10.11588/diglit.4205#0008
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JAN VAN EYCKS BILDNIS EINES MANNES

IM BRUCKENTHALSCHEN MUSEUM IN HERMANNSTADT.

Das vorzügliche altniederländische Bildnis, von dem wir unseren Lesern eine höchst fein-
sinnige Wiedergabe von der Hand Peter Halms vorführen können, ist erst seit einigen Jahren in
weiteren Kreisen bekannt geworden. Ein österreichischer Forscher hat es im Bruckenthalschen
Museum in Hermannstadt entdeckt und ihm den Namen Jan van Eycks gegeben. Seither hat man
es auf Leihausstellungen in Brügge und London gesehen, und es wurde würdig befunden, vorüber-
gehend — auf die Dauer von zwei Jahren — unter die Schätze der königlichen älteren Pinakothek
in München aufgenommen zu werden. Das kleine Bildchen, dessen Maße dieselben sind
wie die unserer Radierung, stellt einen etwa vierzigjährigen Mann mit feinen, etwas schwermütigen
Zügen vor. Um seinen Kopf hat er ein hellblaues, glänzendes Seidentuch geschlungen, dessen
laubwerkartig ausgefranste Enden auf beide Schultern herabfallen. Der Rock ist dunkelbraun und
mit hellerem Pelz besetzt. Von den Händen hält die rechte dem Beschauer einen Goldring entgegen,
die linke legt sich an den Bildrand. Auf dem dunklen Hintergrunde, der rund herum um einige
Zentimeter angestückt worden ist, hat ein Fälscher des siebzehnten oder achtzehnten Jahrhunderts
das Monogramm Albrecht Dürers mit der Jahreszahl 1497 angebracht, eine Fälschung, die in jenen
Zeiten Aussicht auf Erfolg hatte, da man damals alles, was altertümlich aussah, dem größten
deutschen Meister zuschrieb und Kenner und Liebhaber noch nicht imstande waren, zwischen
den Werken der primitiven Schulen feinere Unterschiede zu machen.

Die unvergeßliche farbige Wirkung des Bildes beruht auf dem hellen Blau jener Kopfbinde,
das freilich — wahrscheinlich durch die sehr häufige chemische Veränderung der Ultramarinfarbe —
etwas schärfer und heller geworden sein dürfte als es ursprünglich gewesen sein muß. Auch im
übrigen ist die malerische Durchführung von der größten Feinheit und Sorgfalt; das nach der
Sitte der Zeit ganz ausrasierte Gesicht mit den nachdenklichen Falten auf der Stirne, den wenig
freudig blickenden Augen, dem etwas unwirsch aufgeworfenen Mund, dem kräftigen, knorpelig
gebildeten Ohr und den feinen dunkeln Bartstoppeln an Oberlippe und Wange ist ebenso
vollendet durchgebildet wie die etwas kleinen, aber wohlgeformten Hände. Auch das Stückchen
Pelz, das vom malerischen Gesichtspunkt aus nur eine leichte Aufhellung des dunkeln Grundes
besorgt, zeugt von eingehender Naturbeobachtung. Trotz der Kleinheit des Formates und der
miniaturartig feinen Behandlung zeigt sich nirgends ein kleinlicher Zug: die Komposition des
Ganzen wirkt ebenso vollendet wie die unsäglich liebevolle Ausführung der Einzelheiten. Der
Künstler ist beherrscht von dem Grundsatze, mit seiner Darstellung die Bildfläche völlig aus-
zufüllen. Ein förmlicher horror vacui läßt sich hier als künstlerische Absicht der Komposition
erkennen, besonders wenn man bedenkt, daß die in späterer Zeit angefügten Anstückungen an allen

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