Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Adolf Schinncrer, Früh morgens. Aus der Folge »Zeichnungen eines Verliebten« (1903).

Nach der Radierung. (Zweiter Zustand.)

ADOLF SCHINNERER ALS RADIERER.

Schinnerers Name ist heute kein unbekannter mehr. Schon vor Jahren haben Hans Thoma und
W. von Seidlitz auf den Künstler als auf einen »kommenden Mann« aufmerksam gemacht, und
verhältnismäßig früh wurden Radierungen von ihm reproduziert. l Allein die volle Bedeutung
dieses hervorragenden Radierers ist nur einem kleinen Kreis erst aufgegangen. Auch hat seit
jenen ersten Hinweisen auf ihn sein graphisches Werk an Fülle und Gehalt gewaltig zugenommen.
Es soll darum hier der Versuch gemacht werden, den Entwicklungsgang Schinnerers kurz zu
schildern und zum Verständnis des Charakters und des Wertes seiner Radierkunst beizutragen. —

Der Künstler wurde am 25. September 1876 in Schwarzenbach an der Saale als Sohn eines
Geistlichen geboren. Nicht lange darauf siedelte sein Vater nach dem im Vorland des Fichtel-
gebirges gelegenen Dorfe Ahornberg bei Münchberg über, und hier genoß Schinnerer zusammen
mit den Geschwistern eine frohe ungebundene Jugendzeit in Garten, Feld und Wald. Die geistige
Atmosphäre des väterlichen Pfarrhauses sollte später für seine Kunst noch von Bedeutung
werden, wenn er auch niemals »religiöse« Kunst im konfessionellen Sinne geschaffen hat. Die
Bibel ist, wie er einmal an mich schrieb, das »Märchenbuch seiner Kindheit« gewesen, und
Vorträge des Vaters über die Offenbarung Johannis waren jdem neunjährigen Jungen wichtiger
als die Märchenspiele einer wandernden Schauspielergesellschaft.

Der frühe Tod des Vaters fiel als erster tiefer Schatten in seine helle Jugend. Die Mutter
zog nun mit den Kindern nach Erlangen. Der Knabe war damals zehn Jahre alt. Auf die

l Vergl. namentlich- Kunstwart, Jahrgänge 1902 (1. Augustheft), 1909 (2. Oktoberheft) u. 1910 (2. Septemberheft). — Zeitschrift für
bildende Kunst, Neue Folge, XVII, 1906, Heft 7 u. XIX, 1908, Heft 10. — Die Rheinlande, Jahrg. VII, Heft 2. — Westermanns Monatshefte,
Maiheft 1909. — Hochland, Jahrg. X, 1912/13, Dezemberheft. — Exlibris, Jahrg. XXIV, Heft 2 (1914). — Auch ein fleißig gearbeitetes Verzeichnis
der graphischen Arbeiten Schinnerers ist bereits erschienen: L. Gorm, Adolf Schinnerer. Sein graphisches Werk. München, 1915.

25
 
Annotationen