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Er sitzt gelassen, nach des Tages Arbeit, Jen Klicken dem Felde, wo mich Feuerzungen hoch
emporlodern, zugewendet. In der Linken hält er ein Feldglas, das vor einer Weile noch seinen
Dienst getan. Sein Kopf ist mit der feldgrauen »Konfederatka«, die das silberne Abzeichen der
Polnischen Legion (ein Adler, darunter auf einem Schildchen ein L) trägt, bedeckt und ist in die
Winter-Pelzuniform gekleidet. Die ganze Gestalt des jungen Offiziers atmet Mut, Entschlossenheit
und siegesbewußten Willen, aber in den schwarzen, tiefen Augen träumt diu stille Sehnsucht des
Soldaten-Dichters.1 Und wenn man die Art und Weise der technischen Ausführung betrachtet, so
ist man verblüfft, mit welch einfachen Mitteln der Künstler dieses kraftvolle Werk, das zugleich
eine stimmungsvolle Vision ist, hervorgezaubert hat.

Man beachte, mit welch souveräner Meisterschaft, durch einfache, meist parallel laufende
Strichlagen, das Gesicht herausmodelliert wurde, wie die roten, schwarzen und blauen Kreidestriche
in gewisser Entfernung wunderbar zusammenfließen, so daß nur an ganz wenigen Stellen (zum
Beispiel in den Augen) Aquarellfarben verwendet werden mußten. Man betrachte die Model-
lierung der in Verkürzung gezeichneten starken Soldatenhand und die harte Glätte des tief-
schwarzen Feldglascs. Und schließlich das in meisterhafter Laviertechnik wiedergegebene Material
der Bekleidungsstücke: die wunderbare Weichheit des Pelzkragens und des feldgrauen Uniform-
tuches . . . Jetzt weilt Leon Wyezötkowski an der Front der Polnischen Legion.2 Dort, im Felde, wird
gewiß sein patriotisches Herz höher schlagen, seine künstlerische Phantasie wird sich aber zu
neuen Werken emporschwingen. Was immer es auch sein mag, Graphik oder Olskizze, das eine

steht fest: er wird uns nicht enttäuschen.

Georg R. v. Kieszkowski.

1 Er heißt Josef Relidzynski und hat seit Hins: bereits drei Bändchen tiefempfundener Gedichte veröffentlicht, Das liier reproduzierte
Bildnis des Genannten tragt nachstellende, vom Künstler entworfene Inschrift: »Podporucznikowi Jözefoui Relidzynskiemu \v upominku I.. Wy-
ezötkowski 1916«. (Dem Leutnant Josef Relidzynski, Widmungsgabe L. Wyczätkowskis.)

- Diese Zeilen wurden anfangs Mai geschrieben. Am 28. Mai verlieft dei Kunstlei den Standort des vierten Infanterieregimentes der
Polnischen Legion.

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