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Gesellschaft für Vervielfältigende Kunst [Editor]
Die Graphischen Künste — 39.1916

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Kieszkowski, Georg R.: Alt-Warschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.3627#0125
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»wie der Hintergrund der Plastik (das ist des Kruzifixes), ein von schwarzen Schleiern verhülltes,
welliges Silberblech, illusionistisch schimmert«.1

In der folgenden Mappe (1908) läßt der Künstler die geheimnisvollen, uralten Forste Litauens
und den malerischen Seestrand in Poiaga (Litauen) erstehen. Es sind mit schwarzer Kreide
gezeichnete, in ihrer schlichten, zarten Form und poesievollen Stimmung wunderbare Impressionen.
Es folgt die »Danziger Mappe« (1904). Der allen Besuchern Danzigs so gut bekannte »Große
Kran«, die altehrwürdige »Marienkirche« und so manches pittoreske, alte Bürgerhaus, die Fischer
und Fischerinnen ziehen vor unserem Auge vorüber. Die als Umdruck hergestellten Blätter
zeichnet eine ganz außergewöhnliche Schlichtheit in der Handhabung der zeichnerischen Mittel
aus. Wyczötkowski gibt hier nur das Wesentliche an Menschen- und Architekturformen, als
wollte er nach der berühmten Definition Liebermanns verfahren: »Zeichnen ist Weglassen«. Das
Wawelschloßund die Königsmonumente der Krakauer Kathedrale behandelt die 1911/12 erschienene
Mappe. Es sind neunzehn unmittelbar auf den Stein gezeichnete Blätter, darunter fünf farbige.
Während die farbige »Gesamtansicht des königlichen Schlosses« den Eindruck eines duftigen
Aquarells erweckt, erinnern die gotischen, in rotem Marmor ausgeführten Grabdenkmäler der
Könige Ladislaus Jagietto und Kasimirs des Jagellonen an die breit behandelten Pastellbilder des
Künstlers.

Als Ergebnis seines Sommeraufenthaltes (1912) in der ihm teuren Ukraine hat er eine neue
Mappe mitgebracht. Die Blätter stellen Landschaften, Genreszenen, Bauerntypen dar und wurden
größtenteils unmittelbar auf den Stein gezeichnet. In derselben Weise wurde auch die Folge von
kraftvollen männlichen Bildnissen (Felix Jasienski, Zuk-Skarszewski) ausgeführt.

In diesen letztgenannten Arbeiten erstrebte er, die Farbengegensätze durch entsprechende
Abtönung der Zeichnung wiederzugeben. Obwohl ihm dies — soweit es in Schwarz-Weiß-Kunst
erlaubt — vollauf gelungen ist, fühlte er nach vielen vorwiegend der Graphik gewidmeten Jahren
das unwiderstehliche Bedürfnis, sich wieder einmal in wirklichen Farben auszudrücken. Diesem
Rückschlag verdanken wir die herrliche Aquarellfolge, in der er verschiedene Ansichten von
Krakau und dessen Umgebung wiedergab. Die sie umhüllende wunderbar durchsichtige, feuchte
Atmosphäre, die zarteste Lichtführung erinnern vielleicht — wie mit Recht bemerkt wurde —
an den von ihm vergötterten Turner, sie sind aber tatsächlich das ureigenste Produkt der starken
künstlerischen Individualität Wyczötkowskis. Unter dem Banne seiner farbigen Welt stehend, ging
der Künstler im Sommer 1914, knapp vor Ausbruch des Krieges, nach Litauen, um dort die
uralten Eichen in Aquarell zu malen. Es sollte aber anders werden. Vom Kriege überrascht, war
es ihm nicht mehr möglich, über die Grenze zu kommen, und so fuhr er nach Warschau, wo er
sich bis zur Wiedereroberung der Stadt aufhielt.

Die Metropole Polens war dem Künstler von seinen Jugendjahren her wohlvertraut, ins-
besondere aber die in der Nähe der gotischen Domkirche zu St. Johann sich erstreckende Altstadt
mit ihren schmalen Gassen, den alten, von der Patina der Zeit bedeckten Häusern und dem
malerischen, stimmungsvollen Ringplatze. Diesen aus der Vergangenheit hinübergeretteten Stadtteil
erkor sich Wyczölkowski zum Gegenstande seiner liebevollen Studien, die er in einer Folge von
sieben großen Blättern festhielt.

Das Blatt I (485 : 890 mm) stellt die Gesamtansicht des Ringplatzes der Warschauer
Altstadt oder genauer gesagt die Südseite derselben dar, da die West- und Ostseite nur als
ganz schmale Kulissen behandelt erscheinen. Das Interesse des Künstlers konzentriert sich hier

l ijüngere österreichische Graphiker«. III, a. a 0.

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