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eine Erfindungsgabe, die erstaunlich genannt werden muß und namentlich in der berühmten Schul-
ausstellung vom Jahre 1906 zu geradezu verblüffenden Leistungen führte. Und sie alle nahmen
außer einem soliden und vielseitigen handwerklichen Können noch etwas sehr Wichtiges auf ihren
Lebensweg mit, was sie noch heute von den vielen in einer bloß merkantilen Kunstübung befangenen
»sogenannten« Künstlern unterscheidet: eine ernste und ideale Auffassung vom Begriffe »Kunst«
und den beharrlichen und unerschütterlichen Willen, stets nur echte Kunst hervorzubringen.

Solche von der Studienzeit an bewährte Gesinnungstüchtigkeit können wir auch dem Maler
und Lithographen Hans Strohofer nachrühmen, von dessen bisherigem Schaffen die nachfolgenden
Zeilen berichten sollen. Am 13. Juli 1885 zu Wien geboren, hatte er es als richtiger Sohn dieser
m§hr zu tändelndem Spiel denn zu strenger Selbstzucht hinneigenden Stadt und überdies begünstigt
durch eine außergewöhnliche manuelle Geschicklichkeit nicht leicht, den Prinzipien wahrer Kunst
jederzeit treu zu bleiben. Allein der rastlose Trieb nach Vervollkommnung und ein nie ruhendes
künstlerisches Gewissen ließen ihn die jedem Wiener drohenden Klippen des rein Gefälligen immer
wieder umschiffen und ein Niveau erreichen, das, gegenwärtig schon von respektabler Höhe, einen
weiteren verheißungsvollen Aufstieg verbürgt.

Dem Wunsche seiner Eltern folgend, sollte sich Strohofer ursprünglich dem Baufache widmen
und besuchte darum von 1900 bis 1902 die höhere Staatsgewerbeschule in der Schellinggasse. Sein
auffallendes Zeichentalent erregte jedoch die Aufmerksamkeit des um die Reform des österreichischen
Zeichenunterrichtes hochverdienten Direktors Blachfelner und durch dessen Vermittlung konnte
Strohofer im Sommer 1902 an einem von Franz Cizek geleiteten Zeichenlehrerferialkurs teil-
nehmen, der über sein ferneres Schicksal entschied. Denn die Arbeiten, die er während dieses
Kurses fertigstellte, gelangen so vortrefflich, daß er damit im Herbste 1902 die Aufnahme in die
Kunstgewerbeschule erwirkte, in welcher er sich zunächst bei Professor Schulmeister mit Blumen-
und Tierstudien, bei Professor Czeschka mit Aktzeichnen und dekorativer Komposition be-
schäftigte. 1903 trat er in die Klasse Professor Kolo Mosers ein und blieb an derselben, nachdem
er 1908 seine Lernzeit beendet hatte, noch bis 1910 als Assistent. Schon 1905 hatte er einen Kurs
für Kinderkunst am Settlement übernommen, den er im Sinne der Cizekschen Methode leitete, im
selben Jahre folgte er überdies einer Berufung an die Buchbinderfachschule, der er als Zeichen-
lehrer von da an durch volle elf Jahre (bis 1916) angehörte.

Als er die Kunstgewerbeschule verließ, war sein Entschluß, sich vornehmlich der Porträtmalerei
zu widmen, längst gefaßt. Hatte er doch bereits in der »Kunstschau Wien 1908«, in welcher er mit
sechs auf Holz gemalten Porträten, darunter Bildnissen Grete Wiesenthals, Mileva Rollers und Viktor
Hammers, debütiert hatte, schöne Erfolge erzielt, und zwar vor allem durch das originelle, stark
unterlebensgroße Format, das, ein Mittelding zwischen der von den Altwienern gepflegten Miniatur
und einem normalen Porträt, in gleicher Weise malerische Delikatesse und dekorative Wirkungen
zu bester Geltung kommen ließ. Und nach beiden Richtungen hin besaß Strohofer ausgesprochene
Anlagen. Seiner malerischen Ausbildung hatte er in den Jahren 1906 bis 1908 durch fleißiges Studium
der alten Meister in den Wiener Galerien, insbesondere Hans Holbeins d. J., Jan Vermeers, Pieter
de Hoochs und Gerard Terborchs, aber auch F. G. Waldmüllers den letzten Schliff gegeben, die
dem Wiener angeborene Neigung zum Dekorativen aber fand in der Schule Czeschkas und Kolo
Mosers mehr als reichliche Nahrung. So bewegte sich denn Strohofers Kunst seither immer zwischen
den beiden Polen des Malerischen und des Dekorativen und es ist sein, und wenn man will, der
meisten österreichischen Künstler wichtigstes Problem, zwischen diesen Extremen entweder zu
wählen oder einen Ausgleich anzubahnen. Strohofer neigt mehr der letzteren Möglichkeit zu und es

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r. Da
 
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