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die ihm besonderen Ruf eintrug. Zumeist paarweise, Mann und Weib, oft im Gegensatze des Nackten
einer Idealgestalt zur Alltagstracht oder zum blinkenden Stahl eines Geharnischten, bilden diese
ausgezeichneten Akt- und Bewegungsstudien das Kennzeichen auch seiner Exlibris. Für Hugo
von Hofmannsthal entstand eine Art Prometheus, der die Totenschädel prüft; für die Prinzessin
Regina Reuß ein Zeichen, in dem der sonst nicht häufige Humor des Künstlers durchbricht: vor
der blendenden Frauengestalt, die übermenschlich und verführerisch auf einem ragenden Felsen
thront, scheuen die Pferde einer alten Kutsche und biedermeierliche Wanderburschen. Öfter leuch-
ten auch in diese kleine Welt die Wunder der Bergriesen und stillen Gletscher.

Das künstlerische Buch, durchaus eine Neueroberung des letzten Vierteljahrhunderts, hat in
Alois Kolb zweifellos eine wesentliche Förderung erfahren, auch wenn man ganz von seiner
ersprießlichen Lehrtätigkeit absehen will. Er ist kein Eigenbrödler, der bloß sich selbst zur Schau
zu stellen wünscht. Wie er sich den nicht immer bequemen Gesetzen des gedruckten Buchstabens,
der Buchform, der technischen Ausstattung anzupassen weiß, ist über jeden Tadel erhaben. Ob
man ihn dabei modern oder unmodern nennen will, spielt gar keine Rolle. Wer heute noch auf hohen
Rossen des Allerjüngsten reitet, liegt — wer weiß - - vielleicht schon morgen unfehlbar im
Straßengraben.

Das Wesentliche bleibt stets die starke Begabung, der unerschütterliche ehrliche Kunstwille, die
unermüdliche Arbeit an sich selbst. In dieser Hinsicht ist Alois Kolb ein Vorbild zu nennen. Wir
wüßten ihm als Glückwunsch zu seinem Fünfzigsten keinen besseren Ruhm.

Julius Leisching (Salzburg).

Alois Kolb, Aus dem Buche »Henry Beyle-Stendhal. Äbtissin von Castro«.
Radierung. (Avaiun-Verlag, Hellerau.)
 
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