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Martin Hardie, De

Kalte Nadel.

NEUE GRAPHIK IN ENGLAND.

Die englische Radierung ist im allgemeinen sehr konservativ und hat bis jetzt kaum eine
bedeutendere Einwirkung jener neueren Kunstideale aufzuweisen, welche die Künstler des Kontinents
vor 1914 beeinflußt und in den letzten Jahren eine so nachhaltige und umwälzende Wirkung her-
vorgebracht haben. Der Einfluß von Sir Francis Seymour Haden war in vieler Beziehung heilsam
und bewunderungswürdig und trug viel dazu bei, die englischen Radierer von der allzu ausschließ-
lichen Beschäftigung mit dem Anekdotischen abzubringen, die seit jeher eine ihrer Gewohnheitssünden
gewesen war. Haden aber, dem als Zeichner viele Grenzen gesteckt waren, beschränkte sich auf
die Landschaftsradierung, da er seinem Können nicht zutraute, sich an größeren Aufgaben zu messen.
Das Ergebnis davon war, daß jene, die wie Sir Frank Short die technische Gewissenhaftigkeit ihres
Meisters angenommen, ja sogar noch übertroffen haben, sich gleich ihm nur in einem sehr eng
begrenzten Darstellungskreis versuchten. Es wurde bei ihnen fast zum Dogma, daß die Radierung
sich einzig und allein mit der Landschaft zu beschäftigen habe.

Sir Frank Short ist nach wie vor Präsident der Royal Society of Painter Etchers andEngravers
und der Einfluß, welchen diese Künstlervereinigung auf die jüngere Generation ausübt, kann kaum
überschätzt werden. Bis vor kurzem leitete er auch die Stecherschule der königlichen Kunstakademie
in South Kensington und scheute jahrelang keine Mühe, seine Schüler die Pflicht einer ehrlichen,
anständigen Technik zu lehren und in ihnen jene frohe Genugtuung zu erwecken, die durch die
vollendete Meisterschaft in der Beherrschung des kleinsten technischen Details erreicht werden
kann. Zunehmendes Alter zwang ihn, diese Stellung zugleich mit seiner Lehrtätigkeit, die er immer
mit liebevoller Hingabe ausgeübt hatte, aufzugeben. Zweifellos hatte freilich gerade diese Tätigkeit
sein eigenes Schaffen als Radierer ernstlich gehemmt. Sein Nachfolger ist Malcolm Osborne,

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