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Nach einem Holzschnitt aus Dürers Befestigungslehre.

WIEN UND ALBRECHT DÜRER.

Wenn auch selbstverständlich die Beziehungen unserer Vaterstadt zu dem großen Nürnberger
Meister, dessen 400. Todestag am 6. April dieses Jahres in allen Ländern deutscher Zunge, und
darüber hinaus, festlich begangen wurde, darin gipfeln, daß seit Jahrhunderten viele und besonders
hervorragende Kunstwerke von seiner Hand in Wien aufbewahrt werden und hier ihre stille, aber ein-
dringliche Wirkung ausüben, so laufen doch auch einige Fäden noch bei Lebzeiten Meister Albrechts
zwischen ihm und der Stadt, deren hochragendes Wahrzeichen bereits damals der Stephansturm war.

Dürers Vater, gleichfalls Albrecht geheißen und ein berühmter Goldschmied, arbeitete für
Kaiser Friedrich III., der als der erste deutsche Kaiser in Wien, im Stephansdom, begraben liegt.
Von Albrecht Dürer dem Alteren hat sich aus dem Jahre 1492 ein Brief aus Linz an seine Frau
Barbara in Nürnberg erhalten, worin er ihr schreibt, daß sich ihm der Kaiser, der damals gerade in
Linz weilte, gnädig erwiesen habe. Aber Dürers Vater hat nicht nur in reifen Jahren österreichischen
Boden betreten, sondern er wird aller Wahrscheinlichkeit nach, als er in seiner Jugend aus seiner
ungarischen Heimat nach Deutschland und den Niederlanden zog, über Wien gekommen sein.

Dürer selbst sah von Österreich nur ein Stück Tirol, das er auf seinen beiden italienischen
Reisen kennen lernte. Mit Wien verbindet ihn vor allem die Persönlichkeit Kaiser Maximilians L,
in dessen Diensten er seit 1512 stand. Maximilian vertrug sich im allgemeinen mit Wien besser als
sein Vater. 1490, als er seine österreichischen Erblande wieder in Besitz nahm, traten die Wiener
opfermutig für ihn ein und begrüßten ihn mit Jubel. Auch rechneten sie es ihm hoch an, daß er
1515 die glanzvolle Zusammenkunft mit den Königen von Ungarn und Polen in ihrer Stadt abhielt.
Befreundet und gemeinsam tätig war Dürer mit zwei Gelehrten, die an der von Maximilian im Sinne
des Humanismus tatkräftig geförderten Wiener Universität ruhmreich wirkten. Mit Konrad Celtes,
der 1497 bis 1508 als Professor der Beredsamkeit und der Dichtkunst in Wien lebte, wo er auch
das Collegium poetarum et mathematicorum gründete und wohin er aus Ofen die Sodalitas Danubiana
verlegte. Dürer entwarf für dessen Ausgabe der Komödien der Roswitha von Gandersheim (Nürn-
berg 1501) und für dessen Quatuor libri amorum (Nürnberg 1502) Holzschnitte. Mit dem aus der
Stadt Steyr gebürtigen Historiographien und Mathematiker Johannes Stabius arbeitete er zusammen
an der Ehrenpforte für den Kaiser (1515) und an den Sternbildern der beiden Himmelshalbkugeln,
auch zeichnete er dessen Wappen auf Holz und lieh dem bei ihm vom Nürnberger Rat bestellten
Bildnis Karls des Großen die Züge des oberösterreichischen Gelehrten. Benedictus Chelidonius (auf
deutsch: Schwalbe), der nachmalige Abt des Wiener Schottenstiftes, schrieb, als er noch in Nürn-
berg lebte, für Dürer zu dessen Holzschnittfolgen der großen und der kleinen Passion und des
Marienlebens, die alle 1511 in Buchform erschienen, die lateinischen Verse. Der Salzburgcr Paul

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