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FERDINAND SCHIRNBÖCK.

Einer der einzigartigsten Künstler, einer, der von sich sagen könnte, daß Millionen Menschen
jedes Erdteiles, ja sogar alle Österreicher seine Werke kennen und mit Eifer sammeln, ohne freilich
des Urhebers zu gedenken, hat am 27. August 1929 sein siebzigstes Lebensjahr vollendet. Daß
gerade die Gesellschaft für vervielfältigende Kunst, die schon frühzeitig mit ihm in Fühlung getreten
ist, erst jetzt als erste Gelegenheit nimmt, sein Lebenswerk in einem Aufsatze zu behandeln, ist in
der Sonderstellung seiner Arbeit begründet, die es kaum möglich macht, dem Leser originale
Schöpfungen seiner Hand als Beilage oder selbst illustrative Nachbildungen zu bieten. Um so
schwerer war, was wir im folgenden versuchen wollen, mit bloßen Worten das Wesen seines
Schaffens und seiner Stellung zu verdeutlichen.

Als Ferdinand Schirnböck 1878 aus dem Gymnasium seiner Vaterstadt Oberhollabrunn in
Niederösterreich zu Laufberger an die Wiener Kunstgewerbeschule ging, um nach zwei Jahren die
Spezialschule für Kupferstich an der Akademie der bildenden Künste unter Louis Jacoby zu beziehen,
stand der Kupfer- und Stahlstich auf dem Höhepunkte seiner Beliebtheit; er bot überdies eine
gesichertere Existenz als jeder andere Zweig der bildenden Kunst, da ein lebhaftes Bedürfnis des
gebildeten Mittelstandes und aller Kunstfreunde dieser graphischen Technik zahlreiche Aufgaben
stellte, während die notwendige Verbindung eines besonderen zeichnerischen und technischen
Geschickes nur wenigen gegeben war. Der Besitz wertvoller Nachbildungen der klassischen Meister-
bilder und beliebter moderner Werke war ja nur dieser Kunstübung zu danken. Namentlich unsere
Gesellschaft, unter Wiesers genialer Leitung ein begeisternder Faktor ersten Ranges im damaligen
Wiener Kunstleben, bot Aufträge in großer Zahl, so daß auch nach der 1882 erfolgten Übersiedlung
Jacobys nach Berlin die Wiener Schule unter Sonnenleithner weiter blühte. Noch volle vier Jahre
blieb Schirnböck auch bei ihm an der Akademie, ein Stich nach Holbein, eine als Weihnachtsgabe
der Gesellschaft für vervielfältigende Kunst weitverbreitete Federzeichnung nach Waldmüllers
»Klostersuppe« und der Beginn des Stiches nach Defreggers »Übergabe der Geschenke des Kaisers
an Andreas Hofer« bezeichnen etwa den Umkreis seiner Betätigung.

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