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Gesellschaft für Vervielfältigende Kunst [Hrsg.]
Die Graphischen Künste — N.F. 3.1938

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Tietze, Hans; Tietze-Conrat, Erika: Tizian-Graphik: Ein Beitrag zur Geschichte von Tizians Erfindungen, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.6338#0014
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des Glaubens hat Ridolfi die Überlieferung ver-
zeichnet, daß Tizian ihn auch als Wandmalerei
in einem Zimmer in Padua ausgeführt habe
(Ridolfi-Hadeln I, p. 156), anderseits hat der
Holzschnitt nach dem Vatikanischen Altar-
werk nicht eine getreue Wiedergabe des Bildes
angestrebt, sondern eine graphische Umsetzung
der Komposition vorgenommen.1 Vor allem
wurde die Bildeinheit gelöst und nur der un-
tere Streifen mit den sechs Heiligen ohne Raum-
andeutung vor einen neutralen Grund gestellt.
Ferner wurde der Sebastian des Bildes durch
einen anderen Typ ersetzt; die ursprüngliche Fas-
sung, die in einem venezianischen Illustrations-
holzschnitt2 einen nahen Verwandten hat, mag
zur Zeit, als der Holzschnitt entstand, als
allzu altertümlich empfunden worden sein. Den
ihn ersetzenden Sebastian erweist die Uber-
einstimmung mit dem berühmten Alterswerk in
der Eremitage als zu Tizians späterer Formen-
welt gehörig; nur ist die pathetische Pose der
Beine durch ein schlichteres Motiv ersetzt, das
wie eine Nachwirkung Dürerscher Graphik -
Holzschnitt B. 112 — anmutet.3

Die Zeichnung, die Tizian von seinem Bilde
ausgehend für den Holzschnitt verfertigte, war
also eine selbständige Schöpfung, während in

i ™ . , , ^, , , „ n- R^trarViter des XVII. Jahrhunderts ein malerisches

dem Triumph des Glaubens schon die Betracnter aes a j

Dekorationsprinzip nachfühlten. Aus diesem Verfließen von Original- und Reproduktions-
graphik* ergibt sich jedoch keine so scharfe Gegensätzlichkeit zwischen dem Reproduktions-
graphiker Tizian und dem Originalgraphiker Dürer, wie sie gewöhnlich angenommen wird,
denn auch bei Dürer ist das graphische Blatt, wie das rasche Aufgreifen m der europaischen
Malerei bezeugt, sehr häufig mit allen malerischen Möglichkeiten erfüllt, gewissermaßen
vorweggenommene Reproduktion einer Bildidee.

Die vagen Angaben Vasaris, eigentlich die einzige zeitgenössische literarische Quelle über
Tizians Beziehungen zur Graphik, erhalten eine fachmännische Ergänzung durch den zum
erstenmal von Kristeller ausgiebig benützten Brief des Cornelius Lampsonius an Tizian vom
30. März 1567.« Er enthält den Dank des Lampsonius für die ihm ubersandten Stiche des
Cornelius Cort und fügt, indem er die älteren graphischen Blätter nach Tizian anfuhrt, die

• Erst Lefebrc hat im XVII. Jahrhundert die genaue Wiedergabe des Bildes unternommen.

TT t ij Tvn hin sich erst während der Arbeit als notwendig erwies. — Korn, Tizians Holz-

Umformung nach dem neuen lyp mn sien em wamau . , ... ,____i.„:„i;„i, jj„

l ■ u | , t. ' noQ7 „ 52 hat umgekehrt vermutet, daß der Holzschnitt wahrscheinlich die

schnitte. Breslauer Dissertation lö\)l, p. 3^ "aL umbc „~-„,:.ti-
Bekanntschaft mit einem älteren, bei der Ausführung veränderten Entwurf zu ^<*^™^-

' S. dazu in der Fortsetzung die Äußerung des Lampsonius über den Hieronymusstich des C Cort nach lizia ,.

• Paul Kristeller, Tizian! Beziehungen zum Holzschnitt, Mitteilungen der Gesellschaft für vervielfältigende
Kunst 1911, p. 23 ff.; der Wortlaut des Briefes bei Gaye, Carteggio inedito, III, p. 242.

1. Heiliger Hieronymus, Holzschnitt von 1515.
Paris, Bibliotheque Nationale

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