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Gesellschaft für Vervielfältigende Kunst [Hrsg.]
Die Graphischen Künste — N.F. 3.1938

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Musper, Theodor: Die Datierung und Lokalisierung der ältesten gedruckten Bücher und Laurens Janszoon Coster
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https://doi.org/10.11588/diglit.6338#0046
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TH. MUSPER / DIE DATIERUNG UND LOKALISIERUNG DER ÄLTE-
STEN GEDRUCKTEN BÜCHER UND LÄURENS JANSZOON COSTER

Kaum wieder ein Gebiet hat den Forschergeist durch Jahrhunderte so gefesselt wie die
Erfindung der Buchdruckerkunst. In dem unübersehbaren Schrifttum1 nehmen Gutenberg
und die an ihn sich knüpfenden Fragen nach der Erfindung der Typographie die erste
Stelle ein. Dem xylographischen Druck wurde nicht die gleiche Aufmerksamkeit gewidmet,
obwohl er, wie sich erweisen läßt, der ältere ist und die Voraussetzung für die Typographie
gebildet hat.

Typographie war stets die Angelegenheit des Bücher- und später des Typenforschers. Die
frühesten Bücher, die entweder nur aus Holzschnitten bestehen, zu denen ein handschrift-
licher Text tritt, oder bei denen das geschnittene Bild die Hauptsache bleibt gegenüber dem
geschnittenen Text, gehören in das Gebiet der Kunstgeschichte. So nahe sich aber die
beiden Disziplinen zu stehen scheinen, in der Praxis gingen sie getrennte Wege und bis heute
war keine Ubereinstimmung zu erzielen.

Wenn der Kunsthistoriker Schretlen3 im Jahre 1925 den Satz prägte: ,,the oldest printed
book is the blockbook", so entspricht diese These so sehr den geläufigen Vorstellungen nicht
nur vom natürlichen Werden einer Technik, sondern auch vom Stilablauf dieser Zeit, daß
sich von Seiten der Kunstgeschichte schon darum kein Widerspruch erhob, weil Schretlen
nur einer allgemeinen Uberzeugung Ausdruck verlieh. Auch Hind schließt sich dieser Auffassung
in seinem neuesten Werk über den Holzschnitt an.3

Ganz anders aber ist das Bild im Lager der Typologen. Sie nehmen an, daß das Blockbuch
und der Buchdruck ganz verschiedene Ausgangspunkte, räumlich und zeitlich, gehabt haben
und sich in einer durchaus abweichenden Zielrichtung entwickelt haben. Nicht nur ökonomisch
und technisch seien sie wesensverschieden gewesen, sondern auch ihrer inneren Zweckbestim-
mung nach, die ihre äußere Zweckform herbeiführte.*

Ihren Thesen stehen aber zwei alte, oft zitierte, aber bisher noch immer nicht in ihrem
ganzen Wert erkannte Nachrichten gegenüber, erstens die Notiz in der Cölner Chronik von
1499, in der es von der Typographie heißt: „die eyrste vurbyldung is vonden in Hollant
uyss den Donaten, die dasseffst vur der tzijt gedruckt syn". Zweitens das in seiner Authen-
tizität doch nicht zu bezweifelnde Gedicht eines 1498 verstorbenen deutschen Wanderdruckers
Johannes Trechsel:

,,Sic prima in buxo concisa elementa premendi

Parva quidem scribae dammna tulere bono;

At ubi divisas Germania fudit in aere

Inciditque notas iisque ter usa fuit,

Extemplo inventis cesserunt artibus omnes,

Quas sollers potuit scribere dextra notas",
in dem also die Erfindung des auf dem Letternguß beruhenden Buchdrucks als deutsche
Erfindung ausdrücklich dem Drucken in Buchsbaumholz geschnittener Tafeln zeitlich
nachgeordnet wird.

1 Schon bei Antonius von der Linde, Geschichte der Erfindung der Buehdruckkunst, Berlin 1886, nimmt
seine Aufzählung 56 doppelspaltige Foliodruckseiten mit 1099 Nummern ein.
Dutch and flemish woodcuts of the 15th Century, London.
'' Arthur M. Hind, An introduction to a history of woodcut, London 1935, S. 208.

4 So z. B. G. A. E. Bogeng, Geschichte der Buchdruckerkunst 1930, Bd. I, Der Frühdruck, S. 148 f. u. S. 151 f.



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