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Gesellschaft für Vervielfältigende Kunst [Hrsg.]
Die Graphischen Künste — N.F. 3.1938

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Ankwicz-Kleehoven, Hans: Zu Grünewalds Altersporträt
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https://doi.org/10.11588/diglit.6338#0107
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HANS ANKWICZ-KLEEHOVEN / ZU GRÜNEWALDS ALTERSPORTRÄT

Am Anfang der Grünewald-Forschung, die nun durch glückliche Funde Walter Karl
Zü 1 chs zu einer Gothardt-Neithardt-Forschung geworden ist, stehen die dürftigen und
keineswegs immer zuverlässigen biographischen Daten, die uns Joachim von Sandrart im
I. und II. Teil seiner „Teutschen Academie" (Nürnberg 1675—1679) über den Meister des
Isenheimer Altars überliefert hat.1 Sie finden ihre Ergänzung in zwei der „Teutschen Academie"
beigegebenen Grünewald-Bildnissen, von denen das eine mit der Umschrift „MATHEVS GRINWALT
ASCHAFFENBURGENSIS" und dem Dürer-Monogramm das Enface-Porträt eines bartlosen jungen
Mannes, das andere — mit der Aufschrift „MAT. GRÜNWALD VON ASCHAFENBUNG MAHL" —
einen bärtigen älteren Mann zeigt, der einen Pinsel in der Linken hält. Nach Sandrarts Angabe
war die Vorlage des einen, von Philipp Kilian gestochenen Blattes ein „Contrafait, welches
Albrecht Dürer nach ihme damals, wie sie des Jakob Kellers (!) Altar .. zu Franckfurt aufgericht,
verfertigt",2 dem andern, von Richard Coli in ausgeführten Stiche lag „ein noch älters und
perfecters Contrafeyt" zugrunde, das Sandrart im „berühmten Kunst-Cabinet" des „curiösen
Herrn Philipp Jacob Stromer", Rates der Reichsstadt Nürnberg, gesehen hatte.3 Friedrich
Wi n k 1 e r hat den erfolgreichen Nachweis erbracht, daß das angeblich von Dürer gezeichnete
Bildnis des jungen Grünewald, das sich in Sandrarts eigener Sammlung befand, mit Wolf
Hubers Zeichnung eines jungen Mannes mit Barett identisch ist, die neben der Jahreszahl
1522 auch das nachträglich hinzugefügte Dürermonogramm aufweist.4 Damit scheidet der eine
der beiden Sandrart-Stiche aus der Reihe der vermeintlichen Grünewald-Bildnisse aus, doch
auch gegen die Autentizität des andern, als dessen Urbild längst das sogenannte Grünewald-
Selbstbildnis der Erlanger Universitätsbibliothek (Abb. 1) erkannt worden ist,5 erhoben sich
Zweifel. So hat erst kürzlich Eugene Kuhlmann im Oktoberhefte der Gazette des Beaux-
Arts6 in einem „Vrais et faux visages de Grunewald" betitelten Aufsatze den Charakter der
Erlanger Zeichnung als Selbstporträt Grüncwalds bestritten und sie als Studie für jenen gegen-
wärtig verschollenen „Johannes auf Patmos" in Vorschlag gebracht, den Sandrart um 1630

1 Bereits Heinrich Alfred S c h m i d hat im Texlbande seines Werkes „Die Gemälde und Zeichnungen von
Matthias Grünewald" (Straßburg, W. Heinrich, 1911, II. Teil, p. 300 ff.) alle auf Grünewald bezüglichen Stellen
aus Sandrarts „Teutscher Academie" übersichtlich zusammengestellt. Nun findet man sie auch in W. K. Z ü 1 c h s
umfassender Monographie „Der historische Grünewald Mathis Gothardt-Neithardt (München, F. Bruckmann,
1938) p. 382—385.

2 Joachim von Sandrart, Tcutsche Academie der Edlen Bau- Bild- und Mahlerey-Künste I. Hauptteil (Nürnberg,
Bey Jacob von Sandrart, 1675) Tafel CC; bei H. A. Schmid 1. c. 2. T. p. V, bei Zülch 1. c. p. 22.

3 Sandrart, Teutsche Academie II. Hauptteil (Nürnberg, Christian Sigismund Froberger, 1679), Tafel 4 bei p. 68.
Der Cod. iconogr. 366 der Münchener Staatsbibliothek enthält auf fol. 39 unter Nr. 112 die von Sandrart für
den Stich angefertigte, in ein Oval gesetzte Vorzeichnung, die auf das Erlanger Grünewald-Bildnis zurückgeht.
Vgl. R. A. Peltzer, Sandrart-Studien (Münchner Jahrbuch der bildenden Kunst, N. F. II. Band, 1925, p. 112f.);
daselbst (p. 112) auch eine Abbildung der Sandrartschen Kreidezeichnung.

4 Friedrich Winkler, Dürers Grünewald-Bildnis (Belvedere Bd. VIII, 1925, Forum p. 77 f.). Die Abbildung
des in der Londoner Sammlung Henry Oppenheimer befindlichen Jüngling-Porträts vor p. 77. Die Zuschreibung
des Bildnisses an Wolf Huber erfolgte erst später.

5 Vgl. Elfried Bock, Die Zeichnungen in der Universitätsbibliothek Erlangen (Die Kataloge der Prestel-
Gesellschaft L), Frankfurt a. M., Prestel-Verlag 1929, p. 240 f., Nr. 958, wo eine genaue Beschreibung des Blattes
gegeben ist, das Bock vorsichtig als „Selbstbildnis (?)" bezeichnet. Nach Franz Bock, Die Werke des Matthias
Grünewald (Studien zur Deutschen Kunstgeschichte, 54. Heft, Straßburg, Heitz 1904, p. 177, läßt sich die Pro-
venienz der Erlanger Zeichnung nur bis in die Ansbacher Schloßbibliothek zurückverfolgen.

fi Gazette des Beaux-Arts LXXX. Annee, 1938, VF Periode tome XX, p. 185 ff.

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