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Gesellschaft für Vervielfältigende Kunst [Hrsg.]
Die Graphischen Künste — N.F. 4.1939

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Zoege von Manteuffel, Kurt: Alfred Rethels letzte Holzschnittzeichnung
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https://doi.org/10.11588/diglit.6339#0042
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In all diesen Briefen handelt es sich ohne Zweifel immer um die gleiche Szene aus den
„Fröschen". Als Resultat ergibt sich, daß Bürkner Rethel im Juni 1852 um eine Holzschnitt-
zeichnung hat, Rethel daraufhin eine bereits vorhandene Komposition zu den „Fröschen" des
Aristophanes aus seinen Mappen heraussuchte, sie in verkleinertem Maßstab umzeichnete und
am 4. Juli an Bürkner schickte. Etwa Mitte Juli muß Rethel den benötigten Holzstock erhalten
haben; er machte sich wohl bald an die Übertragung seiner Zeichnung, mit welcher Arbeit er
am 6. August noch beschäftigt war. Es müssen also mindestens ein vor Juni 1852 entstandener
großer Entwurf, eine verkleinerte im Juni 1852 gemachte Ausführung und die frühestens Mitte
Juli in Angriff genommene Holzschnittaufzeichnung vorhanden sein.

Die beiden Zeichnungen befanden sich im Nachlaß des Künstlers.15 Aus ihm erwarb das
Kupferstichkabinett zu Dresden die größere im Jahre 1897,7 während die kleinere im Besitz
der Erben des Künstlers blieb.8 Dort wird auch noch eine Zeichnung auf Pauspapier9 bewahrt,
die mit dem verkleinerten Entwurf übereinstimmt und zum Zweck seiner Übertragung auf dem
Stock hergestellt worden sein muß. Da sie wohl schwerlich entstanden sein wird, bevor Rethel
den Holzstock in Händen hatte, dürfte sie nicht vor Mitte Juli und, da die Aufzeichnung vor
dem 6. August begonnen war, keinesfalls nach diesem Tage gemacht sein. Der Holzstock ist
1877 in den Besitz der National-Galerie zu Berlin10 gelangt, und zwar aus dem Besitz Hugo
Bürkners.

Die Betrachtung dieser vier Fassungen muß wichtige Aufschlüsse über Rethels Arbeitsweise
ergeben.

Die große Dresdner Zeichnung (Abb. 1) ist mit dem Stift angelegt, an einigen Stellen ver-
bessert, teilweise in Andeutungen stecken geblieben, nur spärlich mit Schattenlagen versehen;
sie macht den Eindruck einer Arbeit, die verlassen wurde, bevor sie zu Ende geführt war. Nach
ihrer stilistischen Haltung muß sie um die Mitte der Vierzigerjahre entstanden sein und jeden-
falls vor dem Totentanz. Sie ist nahe verwandt mit den beiden späteren Entwürfen zu den
Aachener Fresken, dem „Einzug in Pavia" von 1844 und der „Gesandtschaft Harun al Raschids"
von 1845; auch zu dem „Hannibalszug" sind Beziehungen festzustellen. Der Aufbau dieses
ersten Aristophanesblattes ist großzügig und klar. Die Strichführung ist sicher und kraftvoll,
aber noch nicht so verzackt und gebrochen wie am Ende der Vierzigerjahre und vollends nicht
so mächtig bewegt wie seit 1851. Ausdruck und Haltung der Figuren zeugen von der Reife des
Künstlers; er hat bereits das nazarenische Schönheitsideal überwunden, sich zu charaktervoller
Gestaltung durchgerungen. So scheut er sich auch nicht, die Anhänger des Euripides als törichte
und störrische Fanatiker zu kennzeichnen.

Die verkleinerte Zeichnung der Sammlung Sohn-Rethel ist dagegen unverkennbar eine Ar-

6 Handschriftlicher Katalog in tler Sammlung Sohn-Rethel zu Düsseldorf: Nr. 64 (großer Entwurf), Nr. 65
(verkleinerter Entwurf). Vgl. auch F. von Boetticher, Malcrwerke, II, 1 (1898) p. 392 Nr. 108 und die Kata-
loge der Ausstellungen: Berlin, National-Galerie Dezember 1876, Alfred Rethel Nr. 31; Dresden, Ernst Arnolds
Kunsthandlung 1877, Alfred Rethel Nr. 130; Berlin, Jubiläumsausstellung der Kgl. Akademie der Künste 1886
Nr. 2523 (in all diesen Fallen wohl der verkleinerte Entwurf).

7 Inventar Nr. 1897-123. Bleistift auf weißem Papier, 0,355X0,508.

8 Sammlung Sohn-Rethel zu Düsseldoif. Feder und Pinsel in Sepia und Deckweiß auf vergilbtem Papier,
0,279X0,391 (Bildgröße 0,226 X 0,341). Ausgestellt auf den Rethel-Ausstellungen: Düsseldorf, Stadt. Kunst-
halle 1916 Nr. 69; Frankfurt, Städelsches Kunslinstitut 1916 Nr. 78; Berlin, National-Galerie 1926 Nr. 80. —
Abb. in Kunst und Künstler, XIV (1916) pag. 381.

9 Ebenda Kreidestift auf Pauspapier, aufgeklebt, 0,235 X 0,343 (Bildgröße 0,228 X 0,338).

10 L. von Donop, Katalog der Handzeichnungen, 1902 pag. 466 Nr. 85. Feder auf Buchsbaumholz, 0,228 X 0,338.
Abb. Ponten, Alfred Rethel (Klassiker der Kunst XVII, 1911) p. 172 (im Spiegelbild); W. Franke, Alfred Rethels
Zeichnungen [1921] p. 111. — Photographisch auf einen neuen Holzstock übertragen und geschnitten von
Oskar Bangemann in Berlin 1925 (vgl. Kunst und Künstler XXIII, 1925, p. 314 f).

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