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Gesellschaft für Vervielfältigende Kunst [Hrsg.]
Die Graphischen Künste — N.F. 4.1939

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Waal, Henri van de: Graphische Arbeiten des Monogammisten P. S.
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https://doi.org/10.11588/diglit.6339#0065
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des Meisters P. S. noch die Erinnerung an den starreren Holzschnitt, und unser Meister wäre
also am ehesten in diesen Kreisen zu suchen.

Wenn man versucht, den Meister P. S. zeitlich einzuordnen, so müßte man ihm einen
Platz zwischen Altdorfer und Hirschvogel bestimmen. Altdorfer starb im Jahre 1538 und
Hirschvogels erste Radierungen sind 1542 datiert.

Stilistisch bleibt aber trotz aller Ähnlichkeiten ein auffallender Unterschied bestehen.
Wenn wir die Radierungen unseres Meisters z. B. mit den in der gleichen Technik ausgeführten
Arbeiten Altdorfers vergleichen, so zeigen die Blätter des Regensburgers, in denen die Strich-
führung sich öfters einseitig neigt, eine duftige Atmosphäre, in der die Gegenstände wie von
einem unsichtbaren Hauch berührt erscheinen. In den Radierungen des Meisters P. S. stehen
Wald und Gebüsch locker, aber dennoch unbewegt da. Bei seiner bedachtsamen Natur bleiben
die Dinge in Ruhe.

Es wäre sogar zu überlegen, ob dieser Meister örtlich überhaupt innerhalb der Donauschule
zu suchen ist. Die von ihm übernommenen Einzelheiten, die wir gewohnt sind unter dem
Sammelnamen „Donaustil" zusammenzufassen, könnte er ebensogut den illustrierten Bibeln
seiner Tage entnommen haben. Wenn man die Bibelillustrationen z. B. eines Lemberger be-
trachtet, so könnte man sich vorstellen, daß eine künstlerische Persönlichkeit, dadurch an-
geregt, Arbeiten wie die hier besprochenen hervorbringt.26 Es ist auffallend, daß diese und
ähnliche Holzschnitte gerade die von uns beim Meister P. S. vermißten dynamischen Merkmale
der Donauschule entbehren.

Das letzte Wort über den Meister P. S. ist also noch nicht gesprochen. Vielleicht wird es ge-
lingen, seine Persönlichkeit unter den vielen Künstlern, die im regen Betrieb der Buchillustration
der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts tätig waren, zu entdecken.27 Vielleicht auch findet sich
der Schlüssel jetzt nach Publikation der hier zusammengestellten Arbeiten.

26 L. Grote, Georg Lemberger, Leipzig 1933. Man beachte z. B. auf Lembergers Arbeiten die Verwendung von
punktierten Linien in den Hintergründen. Aber auch an die Cranachsche Graphik wäre zu denken. Vgl. H. Zimmer-
mann, Beiträge zur Bibelillustration des 16. Jahrhunderts, Straßburg 1924, und A. Schramm, Luther und die Bibel,
Leipzig 1923. Die Wechselwirkung zwischen der Bibelillustration (Holzschnitt) und dem freien Stich mit biblischer
Darstellung (Kupferstich und Radierung) verdiente eine nähere Untersuchung.

27 Es wäre z. B. zu denken an Peter Salzburger, der an der Bibelausgabe von Hans Luft (Wittenberg 1534) mit-
arbeitete.

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