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Gesellschaft für Vervielfältigende Kunst [Hrsg.]
Die Graphischen Künste — N.F. 4.1939

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Preime, Eberhard: Das Kasseler Kupferstichkabinett (Übersicht über seine Bestände)
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https://doi.org/10.11588/diglit.6339#0153
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ein ganzer umfangreicher Band, ein weiterer Heemskerck. Von den großen Holländern ist
Ostade am besten vertreten mit 33 Originalradierungen und einer Unzahl von Stichen,
meist der französischen Stecherschulen des 18. Jahrhunderts, nach seinen und seines Bruders
Gemälden. Aber auch 14 Bega-Originale und zwrei von Corn. Dusart befinden sich in dem
Ostadeband. Berchem mit neun eigenhändigen Radierungen und zahllosen Stichen nach
seinen Gemälden und Waterloo, die Lieblinge des 18. Jahrhunderts, Marc de Bie nach Potter,
zahlreiche Reproduktionsstiche nach Teniers (auch dessen angebliche Originalblätter sowie
einige von C. Boel), Terborch, Wouwerman und anderen vervollständigen das Bild der holländi-
schen Malerschule des 17. Jahrhunderts.

Die italienische Schule ist mit 16 Klebebänden, meist Stichwerken des 18. Jahrhunderts,
weitschweifig, aber wrenig bedeutend vertreten. Holzschnitte nach Tizian und die 172 Blätter
von der Hand des geistvollen Stefano della Bella sowie die großen Piranesis sind das Beste
darunter.

Die Franzosen lernt man in unserer Sammlung durch ihren besten Radierer Jacques Callot
(146 Blatt), den liebenswürdigen Watteau (Oeuvre, 4 Bände) und den glänzenden Techniker
Claude Mellan kennen. Einige Sammelbände des 18. Jahrhunderts kommen hinzu.

Unter den Engländern ragt Hogarth (Ausgabe von 1764) hervor. Einzelne gute Schabkunst-
blätter der englischen Schule ergänzen einigermaßen ausreichend das Bild englischer graphi-
scher Leistungen.

Nicht unbedeutend ist die Porträtsammlung, die seit Jahrzehnten immer langsam, zumal
rücksichtlich hessischer Belange, vermehrt wird.

Aus der fürstlichen Sammlung übernommen wurde noch eine lange Reihe von Galeriewerken,
die Akademie steuerte zur Einrichtung verschiedene illustrierte Bücher bei.

Zur Graphik sind noch zu nennen einige neuere Erwerbungen, so eine schöne Privatsammlung
von Originalgraphik des 16. bis 19. Jahrhunderts, meist deutsche Meister des 18. Jahrhunderts
(darunter Kobell, Kolbe, Reinhart, Klengel u. a.), und eine jüngst für das Kabinett erworbene
große Sammlung deutscher Holzschnitte, meist Buchillustrationen des 16. Jahrhunderts, die
unsere Bestände auch nach dieser bisher am schwächsten vertretenen Seite glücklich abrunden.

Mit dem Graphischen Kabinett ist die Kunstbücherei der Kasseler Museen räumlich und ver-
waltungsmäßig verbunden worden, die so aus mehreren, früher getrennten Beständen zu einem
ansehnlichen Ganzen zusammengewachsen ist und alle ersten und nötigsten Hilfsmittel der
Forschung und Betrachtung an die Hand zu geben vermag.

Wir haben mit dem Vorstehenden freilich nur eine sehr summarische Übersicht geben können,
die indessen immerhin ausreichen möchte, Interesse für die Kasseler Sammlung zu erwecken.

Durch die Gründung ihres Kupferstichkabinetts haben die mit gutem Grund weithin berühm-
ten Kasseler Sammlungen eine Lücke ausgefüllt und stellen sich nun, zumal in der demnächst
mit der Eröffnung des neueingerichteten, ganz wundervollen Landgrafenmuseums an der
Schönen Aussicht abschließenden Neuordnung ihrer Bestände, die jetzt auf Landesmuseum
(Hessisches), Galerie (Gemälde, außerhessisch), Landgrafenmuseum (Kunstbesitz der Land-
grafengeschlechter) und Kupferstichkabinett sinnvoll gegliedert verteilt werden konnten, als
ein schönes Ganzes dar, reich und doch überschaubar, mannigfaltig und doch einheitlich kraft
des immer gewahrten Wesens ihres organischen Gewachsenseins.

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