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CR AN ACH muß in Wittenberg ein recht bewegtes und zugleich ein
arbeitsreiches Leben geführt haben. Jagden, Turniere und andere
Hoffestlichkeiten lösten einander ab, und für ihn bedeuteten solche
fürstliche Vergnügungen zugleich mit der Abwechslung in dem sonst
gewiß recht stillen Städtchen auch mannigfache Beschäftigung. Häufig
sind in den Rechnungsbüchern die Renn- und Stechdecken aufgeführt,
die in seiner Werkstatt gemalt werden mußten. Denn da wurde durch-
aus nicht künstlerische Arbeit im engeren Sinne allein geleistet. Der Hof-
maler hatte für manches andere noch zu sorgen als nur für die Bilder,
die sein Fürst bestellte. Verschiedene Schloßbauten waren im Gange,
und Cranach hatte mit seinen Gesellen bald hier, bald dort zugegen zu
sein, sei es um einfache Anstreicherarbeiten zu besorgen, sei es um die
Räume mit Gemälden zu schmücken. Friedrich der Weise war ein
anspruchsvoller Herr, dessen Ehrgeiz dahin zielte, den großen fürstlichen
Mäzenen Italiens gleichgeachtet zu werden und seine Schlösser in einen
rechten Musenhof zu verwandeln.

Schon im Jahre 1507 müssen die Räume des Wittenberger Schlosses
einer wahren Bildergalerie geglichen haben. In einer Beschreibung des
Magisters Andreas Meinhard werden schier endlose Reihen von Gemäl-
den aufgezählt, die die Wände schmückten. In dem „Aestuarium
commune" sah man zwölf lehrhafte Darstellungen aus der alten Ge-
schichte, in dem folgenden Räume, dem „Aestuarium majus", die
Taten des Herkules in 19 Bildern, dazu die Geschichte des Horatius
Codes, des Mucius Scävola und des Porsena. Das GemachFriedrichs III.
war in Holz getäfelt und enthielt 24 Bildnisse der Kurfürsten und
Herzöge von Sachsen bis auf Friedrich selbst. In seinem Schlafzimmer
waren nochmals Themen aus der antiken Mythologie behandelt. Im
Schlafzimmer seines Bruders, des Herzogs Johann, gab es Bilder aus der
Geschichte von Pyramus und Thisbe, einen Absalon, David und Bath-
seba, einen greisen Liebhaber, der von einem Narren verspottet wird.
Das Aestuarium des Herzogs schmückten wieder vier Bilder der Her-
kulestaten, das Consistorium vier berühmte Urteilssprüche. Und in dem

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