Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
nung haben Gemälde teil, die nicht durch ihren lehrhaft gedank-
lichen Inhalt darauf verwiesen werden, und sie ist überdies nicht der
einzige archaisierende Zug in dem Spätstile des Meisters.

So gibt es vor allem ein Bild des Paradieses mit der Gruppe der Ur-
eltern vor Gottvater, der sie mit warnender Gebärde ermahnt, im Vor-
dergrunde und fünf kleinfigurigen Szenen in der Landschaft, die von der
Erschaffung Adams bis zur Austreibung aus dem Garten Eden die ganze
Geschichte von der Schöpfung des Menschen bis zu seinem Sündenfall
erzählen. Ein solches Bild ist im Jahre 1530 ein offenkundiger Ana-
chronismus. Aber man darf vollkommen überzeugt sein, daß Cranach
selbst es nicht anders empfand und daß er es so wollte, wenn er sich zu
dieser Form entschloß.

Darum dürfen auch die protestantischen Allegorien nicht übersehen
werden, wenn es gilt, das Rätsel des Cranachschen Stiles zu ergründen.
Denn so gewiß er nicht als der Maler des neuen Glaubens in seinem
vollen Umfang gekennzeichnet ist, so gewiß ist es falsch, ihn auf die
Werke einer Frühzeit festzulegen, die unseren Begriffen von der Kunst
seiner Epoche näher und leichter verständlich ist. Denn er selbst schritt
darüber hinaus zu neuen Aufgaben, zu neuen Zielen und neuen Er-
füllungen.

Aus dem Wittenberger Heiligtumsbuch.
1509. Holzschnitt

l62
 
Annotationen