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Feinheit des Empfindens einer Zeit, die für frivol gilt, die Dame mit
Muff weist bereits auf kommende Dinge, kluge Augen schauen verstehend
in eine Welt, die sich trotz allen Glanzes zu verändern scheint. Tänzer-
innen und Fürstinnen, große Damen und liebliche Gestalten aus der
schönen Welt machen das Dichterwort begreiflich:
Frauenmund ist eine Blume,
Und die Blüte dieser Blume
Ist das Wort: „ich liebe dich".
Wechselnde Typen, der Natur näher kommende Malweisc künden die
veränderte Weltanschauung, in England reift in den Ateliers von Rey-
nolds, Gainsborough und Lawrence Las zu höchst vollendete Frauen-
bildnis, wie es der neuen Zeit den Weg weisen sollte. Die berühmte
Schauspielerin Mrs.Siddons aus London, die Beherrscherin des Pariser
Theaters Sophie Arnould (von Grenze), die Bilder der Vigee-Lcbrun
und Tiscbbeins zeigen Gemüt, wo einst nur Geist gewesen und ver-
innerlichen die Schönheit ihrer Modelle.
Francesco Goya ist seinen: Wesen nach schon ein moderner Menscb,
unruhig, fieberhaft bis in die Fingerspitzen, sein Porträtstil, seine Art,
das Licht zu behandeln, seine Mache sprechen zur Gegenwart verständ-
licher als zu denen, die seine Zeitgenossen und direkten Nachfolger waren.
Gerard,Feuerbach, Stielcr geben klassische Erinnerungen, groß angelegte
Gestalten voll Anmut und Würde, jenen römischen Stil, der in Fleisch
und Blut übergegangcn war — — — aber alle Zeiten, wie sie beim
Durchblättern dieses.Buches in Frauenbildniffcn an unS vorübcrschwe-
ben, stimmen das Herz zur Liebe und die Sinne zur Bewunderung,
denn —ob Tracht oder Kunst veränderte Gestalt zeigen —die Schönheit
bleibt und die Anmut spricht durch Jahrhunderte in gleicher Sprache.
A. v. Gleichen - Rußwurm
Feinheit des Empfindens einer Zeit, die für frivol gilt, die Dame mit
Muff weist bereits auf kommende Dinge, kluge Augen schauen verstehend
in eine Welt, die sich trotz allen Glanzes zu verändern scheint. Tänzer-
innen und Fürstinnen, große Damen und liebliche Gestalten aus der
schönen Welt machen das Dichterwort begreiflich:
Frauenmund ist eine Blume,
Und die Blüte dieser Blume
Ist das Wort: „ich liebe dich".
Wechselnde Typen, der Natur näher kommende Malweisc künden die
veränderte Weltanschauung, in England reift in den Ateliers von Rey-
nolds, Gainsborough und Lawrence Las zu höchst vollendete Frauen-
bildnis, wie es der neuen Zeit den Weg weisen sollte. Die berühmte
Schauspielerin Mrs.Siddons aus London, die Beherrscherin des Pariser
Theaters Sophie Arnould (von Grenze), die Bilder der Vigee-Lcbrun
und Tiscbbeins zeigen Gemüt, wo einst nur Geist gewesen und ver-
innerlichen die Schönheit ihrer Modelle.
Francesco Goya ist seinen: Wesen nach schon ein moderner Menscb,
unruhig, fieberhaft bis in die Fingerspitzen, sein Porträtstil, seine Art,
das Licht zu behandeln, seine Mache sprechen zur Gegenwart verständ-
licher als zu denen, die seine Zeitgenossen und direkten Nachfolger waren.
Gerard,Feuerbach, Stielcr geben klassische Erinnerungen, groß angelegte
Gestalten voll Anmut und Würde, jenen römischen Stil, der in Fleisch
und Blut übergegangcn war — — — aber alle Zeiten, wie sie beim
Durchblättern dieses.Buches in Frauenbildniffcn an unS vorübcrschwe-
ben, stimmen das Herz zur Liebe und die Sinne zur Bewunderung,
denn —ob Tracht oder Kunst veränderte Gestalt zeigen —die Schönheit
bleibt und die Anmut spricht durch Jahrhunderte in gleicher Sprache.
A. v. Gleichen - Rußwurm