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VII. Zur Chronologie.

§ 41. Vor allem die Grundfrage: Wie steht es mit der Uberlie ferung der Zahlen?

Unter den ersten 50 Urkunden der Hand A fand ich rund sechs Prozent mit
Unstimmigkeiten im Datum, von denen nur eine (nr. 33) nicht schon aus der Vorlage
herrührt.1) Hand E, die ihre Urkunden chronologisch ordnet, hat in ihrem ersten
5 Halbhundert (107—217) wahrscheinlich nur einen Fehler begangen (nr. 184), den zweiten
(210) vielleicht aus der Vorlage übernommen. Später, wo sie flüchtiger arbeitet,
finden sich zwischen 500—550 schon zehn bis elf Prozent falsch datierte "Urkunden,
und zwar vor allem an jenen Stellen, wo am Ende oder am Anfang der Abtsregie-
rungen einige Sorgfalt notwendig war und die Nachprüfung möglich ist.2)

io Auf die wichtige Hand L mit ihren rund 2500 Urkunden entfalleu im Nidda-

gau (Bl. 196'ff., nr. 3315—3407) rund elf Prozent, im voraufgehenden Alemannengau
(Bl. 190ff., nr. 3195—3314) neunzehn Prozent Fehler. Alles in allem eine Bestätigung
unserer früheren Charakteristik: Bei A sorgfältige, bei E wenigstens zum größeren
Teil sorgfältige Arbeit, bei L hingegen große Ungleichmäßigkeit der Abschrift. Wohl

i5 mögen schon die Originale, zumal in schwierigeren Fällen wie zur Zeit Ludwigs des
Deutschen, Fehler und Unstimmigkeiten aufgewiesen haben, die Hauptschuld an jenen
hohen Fehlerzahlen trifft den Kopisten und sie eröffnet zugleich wenig erfreuliche
Aussichten auf die Lösung des Wirrsals.8)

Kaum als Fehler zu betrachten sind die zahlreichen Verwechslungen von impe-

2o rator und rex, deren reinliche Scheidung natürlich niemandem beifiel4), nicht selten
begegnen die unmöglichen Datierungen, etwa vom März und August des 46. Jahres
Karls (| 28. I. 814) oder mit dem ersten bis elften Jahre Pippins, wo das Kloster
noch gar nicht bestand5); mit Schenkungen an das Nazariuskloster, bevor der Heilige
in Lorsch war.0) Häufiger sind Widersprüche in der Datierung der zweifach über-

25 lieferten Urkunden, weitaus die meisten Irrtümer aber bestehen in der Unvereinbarkeit
zwischen Königs- und Abtjahr.

Zur Beseitigung aller Schwierigkeiten wandte Bossert fast ausschließlich
ein scheinbar harmloses Mittel an: die Verbesserung der römischen Ziffern des
Königsjahrs. Durch Zufügung von übersehenen, Weglassung von überflüssigen, Ver-

30 änderung von verwandten Zahlzeichen (UV, VX, VL) wird jede gewünschte Zahl
konstruiert.7) Tatsächlich liegen die Schwierigkeiten viel tiefer.
S 42. Pippins Regierung beginnt nach der herrschenden Auffassung im November 751.

Er starb also am 24. September seines 17. Regierungsjahres. Dieses 17. Jahr fehlt jedoch

l) Nr. 29, 33, 36-38. — 2) Falsch daher auch 575/6, 872.

:i) Der Optimismus Tangls (N. A. 1914, 267; nichts ist zuverlässiger überliefert als die Zahlen)
wäre hier höchst unangebracht.

4) K. 6 — Hand A! — nondum nomine, re tarnen ipsa divus imperator (773). Zu den früheren
Beispielen vgl. noch für Ludwig d. D. 261 f., 515, 530, 2172, 2302/6, 2523/8 u. ö. Umgekehrt Ludwig I.
König 396, 1070, 1697, 1716, 1733, 2179, 2305/8, 2337 u. ö.

5) Nr. 1979, 2882. — 1695 (1 Pippini). 955, 1443, 1538, 3508(5). 1356, 3278 (6). 1535(9). 2830(10).
430, 1436, 1931, 1940 (11).

G) Nr. 1459, 1521, 2828; 948, 968, 1005, 1014, 1075, 1082, 1197, 1464, 1736, 3198; s. ferner
die folgende Tabelle, S. 71.

7) Aus XVI wird 6 (nr. 3195), 8 (3239), 10 (3307), 12 (3617), 13(3505), 41 (3288), und außerdem
kann es selbst auch aus XIV (eine nirgends belegte Schreibung!) hervorgegangen sein (2398). Daß
auch Königs- und Abtsnamen wie die Namen überhaupt (Tangl a. a. O.) falsch überliefert und ver-
besserungsbedürftig sind, hat B. kaum berücksichtigt.
 
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