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URCHRISTENTUM

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URCHRISTENTUM
WORT UND SCHRIFT
Im Anfange war das Wort, und das Wort war bei Gott, und Gott war das Wort":
Das ist der Geist orientalischer Religion. Fremd unserem Geiste, der das
Unsinnliche in dargestellte Körperlichkeit, in den Schein der Umwelt kleidet.
Die Wurzeln des christlichen Glaubens lagen im Osten; nicht aus der Weltlust
und Sinnlichkeit des Westens wurde er geboren. So konnte der urchristliche
Glaube auch nicht in der Darstellung seinen Ausdruck finden. Wo das Gött-
liche als Unnahbares, Unfaßbares erlebt wird, ist das Bild, das Abbild ein
Unmögliches, Gott ist Logos. Die Offenbarung, das Wort steht am Anfang.
Christus war ein Verkünder des Wortes. Christliche Kunst, als Ausdruck reinen
christlichen Geistes ist zunächst gestaltlos.
Hinter dem Wort wohnt der Sinn. Er soll den Hörern offenbar werden.
Der Glaube aber ist kindlich. Nicht philosophisch erkennende Reflexion kann
den Sinn offenbaren, wo die Welt als Wunder erlebt wird, wo noch nicht Erkenntnis
den Schleier des Geheimnisses roh enthüllt hat. Darum sprach Christus in
Gleichnissen — zum Volke. So wurde das Unfaßbare faßbar, aber auch da
wurde es nicht gestaltet. Der Sinn wurde durch das Wort umschrieben, denn
er war zu heilig und blieb Geheimnis.
Das Gesprochene wurde zur Schrift. Auch Schrift war Geheimnis, wenigen
bekannt. Und auch den Kundigen ist sie nur Zeichen für den Sinn. Aber an
die Stelle des Ohres tritt das Auge, das Gehörte wird sichtbar festgehalten.
Den Unkundigen bleibt auch das Zeichen Rätsel, und so ist es ihm heilig. Das
Wahrnehmbare ersetzt ihm den Sinn selbst, die Schrift wird zum geschauten
Ausdruck des Geistes, wird zur Kunstform, das Buch wird zur Offenbarung.
Aber nur wenige können die Siegel lösen.
Wort und Gleichnis sind die Grundlagen der christlichen Kunst des Ostens,
der christlichen Kunst überhaupt, soweit sie eben Ausdruck der rein christlichen
Idee, Ausdruck des Glaubens ist. Glauben wird aber nicht aus Hochzivilisationen
 
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