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DER KAMPF MIT DEM WESTEN
Reliefgrund nur auf kleinste Partien beschränkt ist und so als ein unstoffliches
Dunkel erscheint, durch dessen Gegensatz das an sich unkörperliche Muster
erst in Erscheinung tritt. Und gerade darin, daß das Einzelne nicht als ein
Wesenhaftes für sich im Gegensatze zur Umgebung besteht, kommt die östliche
Geistigkeit zum Ausdruck, für die das Individuum nur in dem Zusammenhänge
der Gesamtheit Sinn und Existenz bekommt.
Verschiedenartig kommt dieser Kampf zum Ausdruck, je nachdem das Öst-
liche oder Westliche im Vordertreffen steht. In den Großstädten, wo sinnlicher
Materialismus bei allem Streben nach Verinnerlichung die Oberhand behält und
die fremde Geistigkeit nur als Ersatz für das fehlende Eigene übernommen wird,
wird das reine Prinzip der flächenhaften Einordnung zum raffinierten Dualismus
zwischen greifbarer Körperlichkeit und räumlich illusionistischem Tiefendunkel
(Tafel 24). Die Figuren erscheinen in vollplastischer Bildung auf dem Relief-
grunde, das durch die Unterschneidung als reales Gezweige freigelegte Ranken-
werk folgt nicht einem strengen Zwang, dem sich der organisch-vegetabile Fluß
unterordnet, selbstherrlich bewegt es sich über die Fläche, nur als eine leicht
anschmiegbare Füllung der zwischen den Figuren sich ergebenden Zwischen-
räume, und sogar mit dem Streben, das gegebene Gesetz des Rahmens zu ver-
lassen. So erscheint denn auch die ganze körperliche Figürlichkeit des Westens
in die abstrakte Flächigkeit des Ostens umgesetzt (Tafeln 25b, 51), man vermißt
aber die selbstverständliche Bindung des Realen ins Unreale, das Tiefendunkel
wird vergestaltlicht und gewinnt fast den Anschein der die Figuren umgebenden
Atmosphäre.
Was so vornehmlich im alexandrinischen und antiochenischem Großstadt-
kreise vor sich geht, und in Rom einmündet, das gilt ähnlich für das hellenistisch
durchsetzte Kleinasien. Auf den Sarkophagen (Tafel 30) wird der architektonische
Aufbau, in den nach alter Überlieferung die Figuren eingestellt sind, zu einem
Nischenschema, dessen plastische Glieder, wie Kapitelle und Gesimsverkröpfungen
durch die tiefendunkle Bohrarbeit in ihrem Organismus zersetzt werden, während
die antiken Rednerstatuen nachgebildeten Figuren trotz der nachwirkenden
körperlichen Auffassung im Dunkel der Zwischenräume wie blockhaft einge-
paßte Schemen erscheinen.
Oder aber die Figuren erscheinen in voller Körperlichkeit wie auf eine
Ebene geklebt, ohne daß derVersuch gemacht ist, das Unreale des Hintergrundes
durch das Tiefendunkel zu binden (Tafel 31). Nirgends wird die Zwiespältigkeit
DER KAMPF MIT DEM WESTEN
Reliefgrund nur auf kleinste Partien beschränkt ist und so als ein unstoffliches
Dunkel erscheint, durch dessen Gegensatz das an sich unkörperliche Muster
erst in Erscheinung tritt. Und gerade darin, daß das Einzelne nicht als ein
Wesenhaftes für sich im Gegensatze zur Umgebung besteht, kommt die östliche
Geistigkeit zum Ausdruck, für die das Individuum nur in dem Zusammenhänge
der Gesamtheit Sinn und Existenz bekommt.
Verschiedenartig kommt dieser Kampf zum Ausdruck, je nachdem das Öst-
liche oder Westliche im Vordertreffen steht. In den Großstädten, wo sinnlicher
Materialismus bei allem Streben nach Verinnerlichung die Oberhand behält und
die fremde Geistigkeit nur als Ersatz für das fehlende Eigene übernommen wird,
wird das reine Prinzip der flächenhaften Einordnung zum raffinierten Dualismus
zwischen greifbarer Körperlichkeit und räumlich illusionistischem Tiefendunkel
(Tafel 24). Die Figuren erscheinen in vollplastischer Bildung auf dem Relief-
grunde, das durch die Unterschneidung als reales Gezweige freigelegte Ranken-
werk folgt nicht einem strengen Zwang, dem sich der organisch-vegetabile Fluß
unterordnet, selbstherrlich bewegt es sich über die Fläche, nur als eine leicht
anschmiegbare Füllung der zwischen den Figuren sich ergebenden Zwischen-
räume, und sogar mit dem Streben, das gegebene Gesetz des Rahmens zu ver-
lassen. So erscheint denn auch die ganze körperliche Figürlichkeit des Westens
in die abstrakte Flächigkeit des Ostens umgesetzt (Tafeln 25b, 51), man vermißt
aber die selbstverständliche Bindung des Realen ins Unreale, das Tiefendunkel
wird vergestaltlicht und gewinnt fast den Anschein der die Figuren umgebenden
Atmosphäre.
Was so vornehmlich im alexandrinischen und antiochenischem Großstadt-
kreise vor sich geht, und in Rom einmündet, das gilt ähnlich für das hellenistisch
durchsetzte Kleinasien. Auf den Sarkophagen (Tafel 30) wird der architektonische
Aufbau, in den nach alter Überlieferung die Figuren eingestellt sind, zu einem
Nischenschema, dessen plastische Glieder, wie Kapitelle und Gesimsverkröpfungen
durch die tiefendunkle Bohrarbeit in ihrem Organismus zersetzt werden, während
die antiken Rednerstatuen nachgebildeten Figuren trotz der nachwirkenden
körperlichen Auffassung im Dunkel der Zwischenräume wie blockhaft einge-
paßte Schemen erscheinen.
Oder aber die Figuren erscheinen in voller Körperlichkeit wie auf eine
Ebene geklebt, ohne daß derVersuch gemacht ist, das Unreale des Hintergrundes
durch das Tiefendunkel zu binden (Tafel 31). Nirgends wird die Zwiespältigkeit