DER AUSGLEICH IM FRÜHEN BYZANZ
27
freilich auch die westliche Form des Gotteshauses, die Basilika in Gebrauch,
allerdings durch die Verwendung des Bogens auf den Säulen und durch die
untektonische Art des Aufbaus und die abstrakte Raumbegrenzung ebenfalls
von östlichem Geiste durchsetzt. Und dasselbe Ineinandergreifen des Ost- und
Westgeistes schließlich in den Mosaiken, die mit denen der anderen ravennatischen
Denkmäler wohl den vollwertigsten Ersatz aller jener in der östlichen Haupt-
stadt selbst zugrunde gegangenen bildlichen Schätze bilden.
Das Mosaik kam mit seiner leuchtenden Farbenpracht, in der gegenüber dem
Fresko größeren Dauerhaftigkeit und durch seine zur vereinfachten Monumental-
form hinführenden Technik den Bedürfnissen weltlicher und kirchlicher Repräsen-
tation in höchstem Maße entgegen. Aus den Prunksälen der heidnischen Paläste
und Thermen war es allmählich in die Kirchen und Baptisterien übergegangen.
Waren es auch anfangs noch vielfach die alten heidnischen Dekorationsmotive,
Darstellungen von Jagd und Fischfang, der Jahreszeiten u. dgl., die allmählich
ihre christliche Umdeutung erfuhren, waren es dann auch die Szenen aus dem
alten und neuen Testament, die in symbolischer und historisch erzählender An-
einanderreihung an die Stelle der heidnischen Darstellungen traten, Christus
im Sinne des Urchristentums als guten Hirten oder als Wundertäter schilderten,
so trat bald auch mit der Ausbildung einer kirchlichen Hierarchie und mit der
Verstaatlichung der Kirche die Idee des Reiches Gottes in enge Verbindung
mit der weltlichen Herrschaftsidee. Die naive Symbolik der Gebetsformeln
wurde nun zur bewußten Gegenüberstellung theologisch fixierter Antitypen, in
die sich oft auch eine Spitze gegen die feindlichen Sekten mischte. So sind
zu beiden Seiten des Altarraumes von San Vitale in Ravenna alttestamentliche
Szenen angebracht, welche die Vorbilder für das Meßopfer abgeben. Südlich
sind die Opfer Abels und Melchisedeks gegeben, nördlich die Bewirtung der
Engel durch Abraham und die Eiche von Mambre als Zeichen der Verheißung
an Abraham zusammen mit der Opferung Isaaks mit dem als Stellvertreter Christi
ausgelegten Lamme (Tafel 43). In solchen Darstellungen bleibt wohl oft noch
ein Rest des westlichen Illusionismus erhalten, noch ist auch der Geist östlicher
Symbolik zu spüren, aber die Wiedergabe der Erscheinungsform wird zum Effekt,
das Sinnbild zum bewußten Emblem. Der dekorativen Verteilung der Figuren
und Gegenstände zuliebe wird die Durchführung eines einheitlichen Raumbildes
zurückgedrängt. Besonders deutlich wird dies in den die oberen Arkaden-
stellungen flankierenden Evangelistengestalten mit ihren Symboltieren, die in
27
freilich auch die westliche Form des Gotteshauses, die Basilika in Gebrauch,
allerdings durch die Verwendung des Bogens auf den Säulen und durch die
untektonische Art des Aufbaus und die abstrakte Raumbegrenzung ebenfalls
von östlichem Geiste durchsetzt. Und dasselbe Ineinandergreifen des Ost- und
Westgeistes schließlich in den Mosaiken, die mit denen der anderen ravennatischen
Denkmäler wohl den vollwertigsten Ersatz aller jener in der östlichen Haupt-
stadt selbst zugrunde gegangenen bildlichen Schätze bilden.
Das Mosaik kam mit seiner leuchtenden Farbenpracht, in der gegenüber dem
Fresko größeren Dauerhaftigkeit und durch seine zur vereinfachten Monumental-
form hinführenden Technik den Bedürfnissen weltlicher und kirchlicher Repräsen-
tation in höchstem Maße entgegen. Aus den Prunksälen der heidnischen Paläste
und Thermen war es allmählich in die Kirchen und Baptisterien übergegangen.
Waren es auch anfangs noch vielfach die alten heidnischen Dekorationsmotive,
Darstellungen von Jagd und Fischfang, der Jahreszeiten u. dgl., die allmählich
ihre christliche Umdeutung erfuhren, waren es dann auch die Szenen aus dem
alten und neuen Testament, die in symbolischer und historisch erzählender An-
einanderreihung an die Stelle der heidnischen Darstellungen traten, Christus
im Sinne des Urchristentums als guten Hirten oder als Wundertäter schilderten,
so trat bald auch mit der Ausbildung einer kirchlichen Hierarchie und mit der
Verstaatlichung der Kirche die Idee des Reiches Gottes in enge Verbindung
mit der weltlichen Herrschaftsidee. Die naive Symbolik der Gebetsformeln
wurde nun zur bewußten Gegenüberstellung theologisch fixierter Antitypen, in
die sich oft auch eine Spitze gegen die feindlichen Sekten mischte. So sind
zu beiden Seiten des Altarraumes von San Vitale in Ravenna alttestamentliche
Szenen angebracht, welche die Vorbilder für das Meßopfer abgeben. Südlich
sind die Opfer Abels und Melchisedeks gegeben, nördlich die Bewirtung der
Engel durch Abraham und die Eiche von Mambre als Zeichen der Verheißung
an Abraham zusammen mit der Opferung Isaaks mit dem als Stellvertreter Christi
ausgelegten Lamme (Tafel 43). In solchen Darstellungen bleibt wohl oft noch
ein Rest des westlichen Illusionismus erhalten, noch ist auch der Geist östlicher
Symbolik zu spüren, aber die Wiedergabe der Erscheinungsform wird zum Effekt,
das Sinnbild zum bewußten Emblem. Der dekorativen Verteilung der Figuren
und Gegenstände zuliebe wird die Durchführung eines einheitlichen Raumbildes
zurückgedrängt. Besonders deutlich wird dies in den die oberen Arkaden-
stellungen flankierenden Evangelistengestalten mit ihren Symboltieren, die in