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BILDERSTURM, ISLAM UND ARMENIEN

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Osten dagegen die reine religiöse Idee mit dem Islam zu erneuerter Stärke an-
wuchs, konnte das Gleichgewicht in dem neuen Zentrum nicht von Dauer sein.
Wie mit einem Schlage war am Beginne des 7. Jahrhunderts das Weltbild durch
die arabische Eroberung verändert. Die religiöse Idee Mohammeds brachte
erneut die bildlose Gottesvorstellung des Ostens zur Geltung und trug sie im
Süden des Mittelmeeres bis zum äußersten Westen vor. Aber dieses Erwachen
östlicher, von einer sinnlichen Gottesvorstellung abgekehrten Religiosität trat
nicht nur im Islam in Erscheinung. Auch die christlich verbliebenen Länder des
Ostens, Armenien und Kleinasien, gewannen in dem Maße an Bedeutung, als
der kulturelle Verfall im Westen des Mittelmeeres vor sich ging und damit auch
die byzantinische Zwitterkultur des einen Faktors, auf dem sie baute, entbehrte.
Wie im Islam, so ist es auch hier die übersinnliche abstrakte Gesetzmäßig-
keit, die, aus alten iranischen Wurzeln entspringend, in ein neues nationales
Gewand gekleidet wurde. In Armenien war es zunächst die im 5. Jahrhundert neu
erfundene Schrift (Tafeln 6,7), die bildlos das Wort in das Volk trug. Dem öst-
lichen Geiste entsprach es auch, wenn die sich konsolidierende armenische
Nationalkirche gegenüber der westlichen den Monophysitismus auf ihr Banner
schrieb und vor der Vermenschlichung der Gottheit zurückscheute. Und im
engsten Zusammenhang damit steht jene für das weitere Schicksal der christ-
lichen Kunst des Ostens so bedeutungsvolle Bilderfeindlichkeit, die auf Be-
treiben kleinasiatischer Bischöfe und Armenier in Byzanz zu dem Bilderverbot
Leo 111., des Isauriers, führte (725) und damit den Anlaß zu dem bis 842
währenden Bildersturm gab. Hierin stand das Ostchristentum in einer Front
mit dem Islam. Mit dem Bildersturm war das erreichte Gleichgewicht der byzanti-
nischen Kunst wieder zugunsten des Ostens verschoben. Die statuarische Plastik,
als eigentlichstes Erbe der Antike der vollendetste Ausdruck körperhaft sinn-
lichen Gestaltens, trat nun völlig zurück und die sinnliche Darstellung reli-
giöser Gegenstände sollte überhaupt verbannt sein. In den Kirchen blieb an
hervorragender Stelle nur das Kreuz als Symbol. In den Palästen fand aber
jene iranische Art der Ausstattung Eingang, für die wir vielleicht noch in Palermo
(Tafel 97) ein Beispiel erhalten haben (s. u.) und die in der Aneinanderreihung
alter Symbole wie des Lebensbaumes, der Tierkämpfe, verschiedener Vögel usw.
den Eindruck von Gartenlandschaften und Jagdstücken erzielte. Literarische
Spuren weisen aber auch darauf hin, daß diese Art selbst unter den bilderfeind-
lichen Kaisern (Konstantin Kopronymos) auch in den Kirchen eingeführt wurde,
 
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