Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Auktionshaus für Altertümer Glückselig <Wien> [Hrsg.]
Wiener Porzellan, Sammlung Karl Mayer: November 1928 ; [Schaustellung, Sonntag, 11 Nov. bis inklusive Sonntag, 18. Nov. ; Versteigerung, Montag, 19. Nov., Dienstag, 20. Nov., Mittwoch, 21. Nov.] — Wien, 1928

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.16146#0015
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Jahreszeiten hier vereinigt, und man müßte Dutzende von Nummern herzählen,
um die besten Stücke hervorzuheben. Denn es gehört zu den Vorzügen der
Sammlung Karl Mayer, daß bei der Auswahl der Figuren und Gruppen auf
besonders gut bossierte und fein bemalte Exemplare geachtet worden ist.
Daher sind in der keramischen Literatur Figuren wie die sockellose Komödiantin
Nr. 309 und die Jägerin Nr. 310, die Schlittschuhläuferinnen Nr. 303 und 316,
die Mutter mit dem Schulkind Nr. 302, die Pilgerinnen Nr. 422 und 318, die
Bandelkramerin Nr. 385, die Eierfrau Nr. 340 und noch manche andere aus
dieser Sammlung seit langem als Meisterwerke anerkannt.

Es scheint, daß die reizvoll bewegte Figur der jungen Frau mit dem
Wickelkind Nr. 363 bereits den 1778 erfolgten Beginn der Tätigkeit Hnton Grassis
an der Manufaktur anzeigt, des Bildhauers, der dann als künstlerischer Leiter
von 1784 bis 1807, vereint mit dem Direktor Sorgenthal, die hohe Blüte der
kaiserlichen Fabrik herbeigeführt hat. Die vornehme Gelassenheit in Haltung,
Bewegung und Husdruck seiner Figuren aus der Gesellschaft, die unaufdring-
lich treue Wiedergabe der Zeittracht, die eingehende plastische Durchbildung
kann nicht besser als durch die Kanapeegruppe Nr. 458 verdeutlicht werden.

Die Geschirre der Sorgentbal»Periode im klassizistischen Stil bilden die
umfangreichste Abteilung dieser Sammlung; mit Recht, denn ihnen vor allem
verdankte die kaiserliche Fabrik den Weltruf, den ihre Erzeugnisse um 1800
erlangt haben. Die Zahl von annähernd 200 Stück Tassen, Tellern, Dejeuner»
gefäßen, Vasen ist groß genug, um die außerordentliche Mannigfaltigkeit der
Dekoration in pompejanischer Ornamentik, der Bemalung mit Figuren, Porträts,
Landschaften, Wiener Stadtansichten, ferner die reiche und geschmackvolle
Farbigkeit und die Verzierung in Reliefvergoldung in aller Deutlichkeit vorzu»
führen; die Zahl ist aber andrerseits zu groß, um unter dieser Fülle von Tassen
und Tellern, von denen fast jedes Stück ein selbständiges kleines Kunstwerk
ist, noch Einzelheiten herauszuheben. Daß auch dieser abgerundete und in
sich geschlossene Bestand dem Schicksal der Huflösung anheimfallen muß,
bleibt ein schmerzlicher Verlust für die Kunstwissenschaft.

GEHEIMRHT DR. OTTO VON FHLKE

GENERALDIREKTOR DER DEUTSCHEN MUSEEN
 
Annotationen