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Von der Schrift.

Die zweite Grundlage jedes typographischen Druckwerks bildet die Schrift, die Buch-
drucklettern, aus denen der laufende Text, die Kapitelüberschriften, die Anmer-
kungen, Titel, Vorwort, kurz alles, was in seiner Gesamtheit das gedruckte Buch
oder jede andere Druckschrift, Accidenz u. s. w. ausmacht, zusammengestellt, d. h. gesetzt
wird. Nachdem Gutenberg der grosse Wurf gelungen, mit der Schöpfung der einzelnen,
beweglichen Type die eigentliche Kunst des Buchdrucks zu erfinden, blieb die Buchdruck-
type doch noch fast drei Jahrhunderte lang auf nur wenige Arten beschränkt, die dann
meist einer Typenfamilie angehörten; ja es ist im Grunde erst unserem, jetzt seinem Ende
sich zuneigenden Jahrhundert Vorbehalten gewesen, die fast zahllosen Typengattungen zu
schaffen, welche heute wohl manchen Buchdrucker mit frommen Wünschen, manch andern
mit gelinder Verzweiflung erfüllen. Noch im Jahre 1825 ereiferte sich der renommierte
englische Buchdrucker Thomas Curson Hansard in seiner damals erschienenen »Typo-
graphia«, einem dickleibigen Handbuche der Buchdruckerkunst, gegen die in jener Zeit
auftauchenden Egyptienne und Italienne, von denen er einige Zeilen zum abschreckenden
Beispiel abdruckt, sie als Launenhaftigkeiten und Monstruositäten bezeichnend und dabei
ausrufend: »O ihr heiligen Schatten von Moxon und van Dijk, von Baskerville und Bodoni,
was hättet ihr wohl zu typographischen, von der heutigen Mode erzeugten Monstruositäten,
wie die hier abgedruckten, gesagt? Und alle diejenigen, welche uns nach Verlauf von
der gleichen Reihe von Jahrzehnten, die ihr uns vorangegangen, nachfolgen werden,
welchem Zeitalter oder welcher Art Wesen werden sie die Zeichen zuschreiben, von
denen hier eine Probe gegeben wird?« — diese Frage selbst dahin beantwortend, dass
man sie entweder für echt altägyptischen oder gar vorsündflutlichen Ursprungs halten
werde. Nun, da möchte man wohl zunächst hören, was er selbst sagen würde, wenn er
die Probenbücher unserer hervorragenden zeitgenössischen deutschen Giessereien, oder
gar die der amerikanischen, durchsehen könnte und die ganz unbeschreibliche Fülle und
Mannigfaltigkeit von Schriften, Einfassungen und Ornamenten erblicken würde, welche
die Schriftgiesser von heute geschaffen haben. Sie bilden einen wahren Irrgarten, in
welchen den Leser ein- und durchzuführen indes nicht die Aufgabe dieses Werkes sein
 
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