Oudenaarde
oder nordfranzösischen Erzeugnissen vermischt. Der kaiserliche Erlaß bringt insofern
eine einschneidende Änderung, als nunmehr für Bildteppiche, die den Wert von
24 Patars die Quadratelle übersteigen, die Stadt- und Meistermarke vorgeschrieben
wird. Die ländlichen Wirkereien führen nach wie vor kein Zeichen, sie dürfen nur
auf gewissen Märkten innerhalb der Städte zum Verkaufe gestellt werden. Als Oudena-
arder Marke dient das vereinfachte Stadtwappen. Der schwarze Löwe fällt aus leicht
verständlichen technischen Gründen fort; es bleibt ueen schildeken danoft velt ghelue
(gelbes Feld) met drie rooden barren (drei rote Barren) lighende op enen bril die
brecken sal achter't selve schildekin".
Ein glücklicher Zufall erhielt eine der Meisterlisten, die gelegentlich der Durchfüh-
rung des Ediktes im April 1545 aufgestellt wurden (12).
Bereits am 15. Januar 1545 erscheint eine Interpretation des kaiserlichen Erlasses,
weitere folgen unter dem 16. Y. 1545, 27. IX. 1547, 10. X. 1558, 14. XI. 1559, 2. HL 1565
Der Hauptsache nach drehen sich die Streitigkeiten um die Lehrlingsfrage, die Rege-
lung der Verhältnisse der ländlichen Wirker und das Recht, fertiggestellte Teppiche
durch Farben und dergleichen in einen besser verkäuflichen Zustand zu versetzen. Die
Kunst des Herrichtens, „afzetterie" genannt, wurde von einer besonderen Korporation
geübt, die sich leider nicht auf ihre Funktionen beschränkte, d. h. den in Wirktechnik
völlig durchgeführten Teilen durch Auflegen trockener Kreiden ein anziehenderes Aus-
sehen verlieh, sondern sich auch in sträflicher Weise mit den billigeren Behängen ab-
gab, die nicht in den Bereich ihrer Zuständigkeit fielen. Vergebens sucht die Verord-
nung vom 15. Februar 1549 dem Unfug Einhalt zu gebieten. Die Einzelheiten werden
in den verschiedenen Eingaben und Erlassen mit außerordentlicher Breite behandelt,
sie gehen weit über den Rahmen der vorliegenden Abhandlung. All diese Schwierig-
keiten, verbunden mit der unhaltbar werdenden Teuerung, die 1556 einen Höhepunkt
erreicht, bringen die Unzufriedenheit der Masse zur Siedehitze. Die Mißhelligkeiten
werden durch die „Plakate" Philipps II. nur verschärft, die allgemeine Unsicherheit
kommt hinzu, Handel und Wandel stockt. Anfangs August 1566 sind in Oudenaarde
und Umgebung etwa 8000 Menschen arbeitslos. Am 11. August bricht der Aufruhr der
Bilderstürmer in den Industriebezirken von Hondschoote und Armentieres aus, um sich
mit rasender Schnelligkeit zu verbreiten. Bereits am 18. steht Oudenaarde im Auf-
stand. Mit rücksichtslosem Grimme greift die Bewegung um sich, vielfach von stellungs-
losen Wirkergesellen geleitet. Wie schon erwähnt, kommen die ländlichen Tapissiers
an Sonn- und Festtagen in die Stadt, um das Rohmaterial und die Patronen einzu-
fordern, zugleich um die fertiggestellten Arbeiten abzuliefern. Die Wirker benutzen
die Gelegenheit; unter Führung der beiden Gesellen Anton van de Kerchove und Jan
Robbyns geht der Hexensabbat der Bilderstürmer in der rohesten Form in Szene,
von dem Oudenaarder Proletariat aufs eifrigste unterstützt. Die Ernüchterung läßt
nicht lange auf sich warten. Das Erscheinen Herzog Albas genügt, um in Oudena-
arde, wie in vielen anderen Orten Flanderns, eine Massenauswanderung zu veranlassen.
April 1567 herrscht wieder leidliche Ruhe, die Großbetriebe beginnen erneut ihre
Tätigkeit. Die Anführer des Aufstandes, in erster Linie die Wirker Jakob Blommaert,
Jakob Gheleyns, Gilles Stichelbaut, Vande Broucke, Michel van Orley und Adrian
Happaert suchen das Weite, ihre Habe wird konfisziert ; Peter Bakereel büßt sein Ver-
gehen im Juni 1567 durch den Tod am Strick. Das System Albas, die Kriegsführung
durch Beschlagnahme der Habe der Schuldigen wirkungsvoll zu unterstützen, erweist
sich auch im vorliegenden Falle als durchaus lukrativ. Happaert verliert zwei Behänge
der Geschichte Isaaks, sechs Teppiche der Folge Alexanders des Großen, zwei „rabatz",
kleinere Figurentapisserien, und zwei „feuilli" (Verdüren); Stichelbaut büßt etwa
30 Wirkteppiche ein, darunter eine Geschichte Jakobs (acht Stück) und die Historie
Davids (sechs Stück). Ähnlich ergeht es Vande Broucke, dem 40 Figurenteppiche
konfisziert werden, und Michel van Orley. Die Ruhe in Oudenaarde ist nicht von
langem Bestände. September 1572 dringt ein Trupp Geusen unter Führung des ehe-
maligen Meisterwirkers Jakob Blommaert in die Stadt. Eine wüste Plünderung der
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oder nordfranzösischen Erzeugnissen vermischt. Der kaiserliche Erlaß bringt insofern
eine einschneidende Änderung, als nunmehr für Bildteppiche, die den Wert von
24 Patars die Quadratelle übersteigen, die Stadt- und Meistermarke vorgeschrieben
wird. Die ländlichen Wirkereien führen nach wie vor kein Zeichen, sie dürfen nur
auf gewissen Märkten innerhalb der Städte zum Verkaufe gestellt werden. Als Oudena-
arder Marke dient das vereinfachte Stadtwappen. Der schwarze Löwe fällt aus leicht
verständlichen technischen Gründen fort; es bleibt ueen schildeken danoft velt ghelue
(gelbes Feld) met drie rooden barren (drei rote Barren) lighende op enen bril die
brecken sal achter't selve schildekin".
Ein glücklicher Zufall erhielt eine der Meisterlisten, die gelegentlich der Durchfüh-
rung des Ediktes im April 1545 aufgestellt wurden (12).
Bereits am 15. Januar 1545 erscheint eine Interpretation des kaiserlichen Erlasses,
weitere folgen unter dem 16. Y. 1545, 27. IX. 1547, 10. X. 1558, 14. XI. 1559, 2. HL 1565
Der Hauptsache nach drehen sich die Streitigkeiten um die Lehrlingsfrage, die Rege-
lung der Verhältnisse der ländlichen Wirker und das Recht, fertiggestellte Teppiche
durch Farben und dergleichen in einen besser verkäuflichen Zustand zu versetzen. Die
Kunst des Herrichtens, „afzetterie" genannt, wurde von einer besonderen Korporation
geübt, die sich leider nicht auf ihre Funktionen beschränkte, d. h. den in Wirktechnik
völlig durchgeführten Teilen durch Auflegen trockener Kreiden ein anziehenderes Aus-
sehen verlieh, sondern sich auch in sträflicher Weise mit den billigeren Behängen ab-
gab, die nicht in den Bereich ihrer Zuständigkeit fielen. Vergebens sucht die Verord-
nung vom 15. Februar 1549 dem Unfug Einhalt zu gebieten. Die Einzelheiten werden
in den verschiedenen Eingaben und Erlassen mit außerordentlicher Breite behandelt,
sie gehen weit über den Rahmen der vorliegenden Abhandlung. All diese Schwierig-
keiten, verbunden mit der unhaltbar werdenden Teuerung, die 1556 einen Höhepunkt
erreicht, bringen die Unzufriedenheit der Masse zur Siedehitze. Die Mißhelligkeiten
werden durch die „Plakate" Philipps II. nur verschärft, die allgemeine Unsicherheit
kommt hinzu, Handel und Wandel stockt. Anfangs August 1566 sind in Oudenaarde
und Umgebung etwa 8000 Menschen arbeitslos. Am 11. August bricht der Aufruhr der
Bilderstürmer in den Industriebezirken von Hondschoote und Armentieres aus, um sich
mit rasender Schnelligkeit zu verbreiten. Bereits am 18. steht Oudenaarde im Auf-
stand. Mit rücksichtslosem Grimme greift die Bewegung um sich, vielfach von stellungs-
losen Wirkergesellen geleitet. Wie schon erwähnt, kommen die ländlichen Tapissiers
an Sonn- und Festtagen in die Stadt, um das Rohmaterial und die Patronen einzu-
fordern, zugleich um die fertiggestellten Arbeiten abzuliefern. Die Wirker benutzen
die Gelegenheit; unter Führung der beiden Gesellen Anton van de Kerchove und Jan
Robbyns geht der Hexensabbat der Bilderstürmer in der rohesten Form in Szene,
von dem Oudenaarder Proletariat aufs eifrigste unterstützt. Die Ernüchterung läßt
nicht lange auf sich warten. Das Erscheinen Herzog Albas genügt, um in Oudena-
arde, wie in vielen anderen Orten Flanderns, eine Massenauswanderung zu veranlassen.
April 1567 herrscht wieder leidliche Ruhe, die Großbetriebe beginnen erneut ihre
Tätigkeit. Die Anführer des Aufstandes, in erster Linie die Wirker Jakob Blommaert,
Jakob Gheleyns, Gilles Stichelbaut, Vande Broucke, Michel van Orley und Adrian
Happaert suchen das Weite, ihre Habe wird konfisziert ; Peter Bakereel büßt sein Ver-
gehen im Juni 1567 durch den Tod am Strick. Das System Albas, die Kriegsführung
durch Beschlagnahme der Habe der Schuldigen wirkungsvoll zu unterstützen, erweist
sich auch im vorliegenden Falle als durchaus lukrativ. Happaert verliert zwei Behänge
der Geschichte Isaaks, sechs Teppiche der Folge Alexanders des Großen, zwei „rabatz",
kleinere Figurentapisserien, und zwei „feuilli" (Verdüren); Stichelbaut büßt etwa
30 Wirkteppiche ein, darunter eine Geschichte Jakobs (acht Stück) und die Historie
Davids (sechs Stück). Ähnlich ergeht es Vande Broucke, dem 40 Figurenteppiche
konfisziert werden, und Michel van Orley. Die Ruhe in Oudenaarde ist nicht von
langem Bestände. September 1572 dringt ein Trupp Geusen unter Führung des ehe-
maligen Meisterwirkers Jakob Blommaert in die Stadt. Eine wüste Plünderung der
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