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Göbel, Heinrich; Göbel, Heinrich [Hrsg.]
Wandteppiche (II. Teil, Band 1): Die romanischen Länder: Die Wandteppiche und ihre Manufakturen in Frankreich, Italien, Spanien und Portugal — Leipzig, 1928

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https://doi.org/10.11588/diglit.16360#0163
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Gobelins

Eine Sonderstellung beansprucht die zwölfte Wiederholung mit dem Wappen des
Bestellers, des Großadmirals von Frankreich, Grafen von Toulouse, um 172b im Audran-
schen Atelier gewirkt. Die Bordüre ist mit der zweiten Rahmung der Romano'schen
„Sujets de la Fable" identisch; in den vier Eckkartuschen erscheint die Initiale A des
Grafen Alexandre. „Februar11 und „Juni11, im Bilde gegenüber den früheren Serien
wesentlich erweitert, schmückten vor 1914 die französische Gesandtschaft in St. Peters-
burg; „Oktober11 zählte zu den Schätzen der Collection Vaile (43), das Stück gehört
mit den restlichen neun Behängen zu dem Bestände der Sammlung Rockefeller. Juli,
August, November und Dezember — zwei Teppiche tragen die Signatur Audrans —
befanden sich im Besitze des Lord Somers (Eastnor) (44) und gingen später in das
Eigentum der New Yorker Kunsthandlung Duveen Brothers über (45). Die Teppiche
gehörten wahrscheinlich zu der Serie von zehn Behängen, die im Nachlasse Louis-
Philippes (28.1. 1852) auftauchten; widersprechend ist allerdings die Angabe, die Ge-
wänder seien mit Gold gewirkt; dagegen wird ausdrücklich Audrans Signatur
hervorgehoben. Andererseits wurden Stücke der amerikanischen Sammlung T. Morse
angeblich von dem Vater der Besitzerin 1852 auf der Auktion erworben. Ein ver-
einzelter Behang — Juni —, in der Bordüre der Maximiliansjagden des Duc d'Antin,
zählt zu der Pariser Sammlung des Grafen Roger, die Wiedergabe — Basselisse —
erfolgte im Spiegelbilde. Drei bordürenlose Teppiche, in der Bildfläche „Audran11 ge-
zeichnet (Mai, Juni, Juli), eignen der Pariser Sammlung Reitlinger. Die Behänge „Mai,
Juni, Oktober" in einer einfachen Akanthuslaubbordüre mit Kartuschen in den vier
Ecken und der Signatur AVDRAN zählten zu dem Bestände der bekannten Ffoulke
Collection (z. Zt. in der Sammlung F. F. Prentiss).

10. Die Indienfolge.

Mit den Lukasmonaten schließen die Wiederholungen der Brüsseler Renaissance-
folgen, das Interesse wendet sich den Bilderkopien wieder zu. Die Indienfolge, die
Übertragung der acht, einst von Prinz Moritz von Nassau der Krone Frankreich ge-
schenkweise überwiesenen Gemälde stellt einen außerordentlich glücklichen Griff dar.
Die Bilder des Oraniers werden getreulich kopiert; die bekanntere zweite Indien-
reihe, „Nouvelles Indes", in der Umarbeitung von Francois Desportes, fällt erst in das
Ende der dreißiger Jahre des 18. Säkulums.

Die Folge beginnt mit dem „Cheval raye". Das Zebra fällt dem Jaguar zur Beute;
Rhinozeros und Gazelle im Dickicht, Fische und Schalentiere im Vordergründe, ver-
vollständigen die phantastische Staffage. Der zweite Teppich figuriert unter dem
Namen die „beiden Stiere"; die Tiere sind mit hölzernen Jochen in einen schwer-
fälligen Wagen gespannt, den zwei Neger begleiten. Als dritter Behang erscheint
«Elefant und Pferd" (vergl. Abb. 118). Im vierten Teppich der Reihe ruht ein Ein-
geborener, den Bogen in der Hand, unter schattenspendendem Baume; Kasuar, Straub*,
Eidechse, buntfarbige Vögel und Fische dienen als Tierstaffage (s. färb. Tafel). Der um-
fangreichste (5.) Teppich der Folge schildert den Existenzkampf der Wildnis: Der Tiger
überfällt den Tapir, sein Gefährte stürzt sich auf den Eber, die Löwin erwürgt eine An-
tilope, das Krokodil macht einem Schafe den Garaus; Strauße, Kleinvögel, Fische usw.
vervollständigen das malerische Bild (vergl. die geänderte Neu-Indienserie, Abb. 119).

Im sechsten Behänge tragen zwei Eingeborene den Häuptling (Abb. 120), im siebenten
Aeppich hält ein Reiter die Wacht; ein Neger leitet einen Apfelschimmel, den eine
reiche Schabracke deckt, ein Lama steht am buschbewachsenen Rande eines Ge-
wässers. Im letzten Behang der Folge spannt ein Eingeborener den Bogen, neben
|hm lagert eine Negerin, in der Linken den Blumen- und Fruchtkorb; dunkelhäutige
ßurschen stecken bis zur Hüfte im Wasser und legen Netze. Insgesamt kommen zwei
Dordürenfassungen zur Anwendung; die erste ist uns bereits aus der Musenreihe, den
wrtnerkindern und den Metamorphosen bekannt — fortlaufender Akanthus auf blauem
wunde mit diagonal gestelltem Blatt in den vier Ecken, ohne Wappen oder Initia-

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