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Göbel, Heinrich; Göbel, Heinrich [Hrsg.]
Wandteppiche (II. Teil, Band 1): Die romanischen Länder: Die Wandteppiche und ihre Manufakturen in Frankreich, Italien, Spanien und Portugal — Leipzig, 1928

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https://doi.org/10.11588/diglit.16360#0394
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F e r r a r a

holung des Stiermotives schließt das Inventar, es ist nicht ganz klar, ob es sich um
eine Kopie oder eine Neuschöpfung handelt, der Text spricht im ersten Falle von „una
testa di buovo", im zweiten von „una testa di toro".

Zeitlich schließt sich die Madonnengeschichte im Dome zu Como an, der «Tod der
Jungfrau" trägt nach Angabe von Müntz als Signatur FACTVM FERRARLE MDLXII.
Die Serie umfaßt 4 Behänge: Vermählung, Darbringung im Tempel, Tod der Madonna,
Himmelfahrt; 70 cm breite Bordüren fassen die Mitteldarstellungen, Blumen und Frucht-
gehänge wechseln mit Puttenfiguren und Kartuschen. Als Patronenmaler ist der Mai-
länder Giuseppe Archimbolo (Arnabaldo) bezeugt, dem der Auftrag bereits 1558 zuteil
ward. Die wirktechnische Vollendung der nicht allzu umfangreichen Reihe zog sich
bis zum Jahre 1570 hin; 1569 verpflichtete sich Ludwig Karcher (Luigi Charchera),
der Sohn des verstorbenen Meisters Jan (Giovanni), die Vermählung der Madonna
spätestens innerhalb von 57a Monaten zur Anlieferung zu bringen (25). Die Folge ist kein
sonderlich glückliches Beispiel für die Spätzeit des Karcher'schen Ateliers.

Mit dem Ableben Ercoles II. (f 3. X. 1559) sinkt die Manufaktur in verhältnismäßig
kurzer Zeit zur Bedeutungslosigkeit herab. Die urkundlichen Belege über die letzten
Jahre der Bildteppichwerkstätten zu Ferrara fließen nur spärlich. Mit Sicherheit läßt
sich das Ende der Manufaktur nicht angeben, mit dem Tode Alfonsos II. (27. X. 1597)
dürfte das künstlerisch höchststehende Atelier Italiens seine Pforten geschlossen haben.
Hier und da finden sich vereinzelt Angaben über gelieferte Patronen, auch Meister
Luigi Karcher scheint sich mitunter als Kartonzeichner betätigt zu haben. Im übrigen
treten in den Spätjahren der uns bereits bekannte Leonardo da Brescia (Städte-
serie, Landschaften), ferner Lodovico Settevecchi (ein Karton zur Herkulesreihe und
Entwürfe für verschiedene Putten- und Landschaftsteppiche, 1578), der Mitbegründer
der Akademie zu Ferrara Giulio Cromer, ein Deutscher, — er entwirft noch 1591
einen Karton — und schließlich Ippolito Scarsellino (1597) in Tätigkeit.

Neben dem Karcher'schen Atelier scheinen sich in den siebziger und achtziger Jahren
verschiedene Klein-Werkstätten in Ferrara gehalten zu haben. Wir finden 1574. einen
Domenico Romano, 1580 einen Filippo Fiorentino, schließlich 1582 einen Meister
Niccolö.

Uber die privaten Arbeiten, die die Karcher vornehmlich im Auftrage der Mantuaner
Gonzaga und verschiedener kirchlicher Körperschaften im Laufe der vierziger und
fünfziger Jahre übernehmen, herrscht leider, soweit urkundliche Belege in Frage
kommen, noch allzu große Unklarheit. Mit ziemlicher Sicherheit läßt sich dem Atelier
die bei der Besprechung der Manufaktur Mantua erwähnte Puttenserie im Dome zu
Mailand und die prächtige Mosesfolge mit acht Behängen — im gleichen Besitze —
zuschreiben (Abb. 360—362).

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