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Göbel, Heinrich; Göbel, Heinrich [Hrsg.]
Wandteppiche (II. Teil, Band 1): Die romanischen Länder: Die Wandteppiche und ihre Manufakturen in Frankreich, Italien, Spanien und Portugal — Leipzig, 1928

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https://doi.org/10.11588/diglit.16360#0432
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U r b i n o

Herzogtum Urbin o.
U r b i n o.

Federigo di Montefeltro (1444—1482) Graf, seit 1474 Herzog von Urbino, ein Kon-
dottiere im besten Sinne, ein Staatsmann von Bedeutung, ein sozialpolitisch wie künst-
lerisch gleich befähigter Kopf, das «Licht Italiens", beruft 1470 eine kleine flämische
Kolonie von Bildwirkern: Francesco da Ferrara, Nichetto Fiamingo ((con un gazzone",
Ruggiero und Lorenzo. Die urkundlichen Belege sind unvollständig (1). Es ist be-
dauerlich, daß Federigo's Biograph Vespasiano die Gründung mit einigen dürren
Worten erledigt. Um Arbeiten in der üblichen Mittelgüte handelt es sich diesmal
nicht. Eine gold- und silberdurchwirkte Geschichte Trojas „bellissima e vaga" wird
auf die Gezeuge gelegt, die Unkosten belaufen sich auf nicht weniger als 10 000 Gold-
dukaten. Guidobaldo, Federigo's Sohn, der Freund des Baldassare Castiglione, ein
geistig überragender Herrscher, dem Krankheit und Rückschläge politischer Art
schwerste Prüfungen auferlegen, büßt den Textilienschatz seines Hauses durch die An-
griffe des Cesare Borgia ein; der Palast von Urbino wird geplündert. Es gelingt zwar
durch geschickte diplomatische Verhandlungen fast alle Bildwirkereien zurückzuerhalten,
„Ii panni Troyani" fehlen; Cesare hat bereits über die prächtige Folge zugunsten des
Kardinals d'Amboise verfügt (2). Immerhin läßt sich an Hand eines um 1630 aufge-
stellten Inventares, das u. a. auch «sei altri pezzi simili di arazzo nei quali e descritta
l'Historia di Troia: et in tutto il detto apparato d'arazzo e di num. di pezzi undici,
mal condizionati et stracciati" — ob mit der erwähnten Trojafolge identisch? — auf-
zählt, ein Uberblick über das Atelier unter Federigo's Herrschaft gewinnen. Wir
finden: „Tapezzarie pezzi uno a buschetto con fiorami in mezzo, con arme del Duca
Federico, et da parte bambini con due imprese di un armellino e di uno struzzo" .. .
„Pezzo uno grande de tapezzarie, o arazzi, con diverse figure, con l'arme del Duca
Federico, con un F et un D" — der Behang wird durch vier weitere, ganz ähnlich ge-
haltene Stücke zu einer Folge geschlossen. Es liegt immerhin die Möglichkeit vor,
bei den aufgezählten Teppichen an eine niederländische Herkunft zu denken, anderer-
seits spricht die Beschreibung, die unzweifelhaft auf einen italienischen Patronenmaler
schließen läßt, und die außergewöhnliche Leistungsfähigkeit der Werkstatt von Urbino
stark zugunsten der von Federigo berufenen Kunsthandwerker. Nach Pungileoni's
„Elogio storico di Raffaelo Santi di Urbino" (1829) soll zu Baffael's Zeit ein Mailänder
Bildwirker von Ruf im Dienste des Herzogs Francesco Maria della Rovere in Urbino
tätig gewesen sein.

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