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Göbel, Heinrich; Göbel, Heinrich [Hrsg.]
Wandteppiche (II. Teil, Band 1): Die romanischen Länder: Die Wandteppiche und ihre Manufakturen in Frankreich, Italien, Spanien und Portugal — Leipzig, 1928

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https://doi.org/10.11588/diglit.16360#0470
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Turin

Herzogtum Savojen.
Turin.

Die Gründung der savoyischen (sardinischen) Staatsmanufaktur geht auf das Jahr 1737
zurück. Vittorio Demignot, aus seiner Tätigkeit in Rom (1715) und in Florenz (1716—1737)
uns bereits bekannt, übernimmt die Leitung. Meister Vittorio arbeitet auf altvertrautem
Boden, sein Geschlecht ist seit länger denn einem Jahrhundert in Turin ansässig.
Carlo Mignolo (Charles Demignot) steht bereits vor 1638 als Wirkereiverwalter
im herzoglichen Dienste, 1663 erfolgt seine Ernennung zum «usciere della nostra
camera" — dem Titel des «valet de chambre" entsprechend —; Michele Antonio,
der Sohn, übernimmt nach dem Ableben des Vaters (1676) das Amt; 1699 bis
1710 wird ein Michelangelo Demignot erwähnt. Vom Ausgang des Jahres 1720 bis
1731 bekleidet ein französischer Wirker Nicolas Dumey die Stelle, um dann der Fa-
milie Demignot wieder den Platz zu räumen. Herzogliche Gunst gewährt dem jungen
Vittorio, dem Sohne des Michele Antonio, die Mittel zu einer gründlichen Ausbildung
in Brüssel, an der päpstlichen Manufaktur San Michele a Ripa und an der großherzog-
lichen Arazzeria zu Florenz.

Das offizielle Gründungsdekret Karl Emanuels III. vom 27. Juli 1737 (1) sichert De-
mignot ein Jahresgehalt von 1700 Livres (Lire) und 400 L. Wohnungsgeld, der Meister
übernimmt mit zwölf Wirkern den tieflitzigen Betrieb; ein kleineres Hautelisseatelier
(acht Wirker) wird dem zuvor in Rom tätigen Antonio Dini (Dekret vom 30. XII.
1740, 1500 L. Gehalt, 200 L. Wohnungsgeld) anvertraut. Die Bezahlung der Wirker
erfolgt zunächst monatlich. So beziehen Francesco Demignot (der Sohn des Lei-
ters) 30 L, Francesco Limosini 25 L., Luigi Travaglini 20 L., Domenico Bresciani, Ni-
cola Vaccarino, Antonio Molina, Feiice Grossi, Michele Birago und Michele Limosino
(seit dem 21. VIII. 1737) je 15 L., Battista Gislach (?), Giacinto Grossi, Pietro Arfassi
und Feiice Ans je 9 L. Der hochlitzige Betrieb bleibt von Anbeginn im Hintertreffen;
die Werkstatt geht mit dem Ausscheiden Dini's (Dekret vom 17. XII. 1754), der nach
Venedig unter Gewährung einer nicht unerheblichen Pension (800 L.) übersiedelt, end-
gültig ein. Das Basselisseatelier arbeitet nach Vittorio's Ableben (1744) unter Leitung
des Sohnes Francesco, der seinerseits 1784 zurücktritt und wenig später verstirbt.
Einzelheiten, wie die Änderung der Gehaltsregelungen, — Francesco Demignot wird
am 26. I. 1756 um 300 L. aufgebessert und bezieht außerdem eine jährliche Sonder-
vergütung in Höhe von 200 L. — sind ohne sonderliches Interesse; wesentlich er-
scheinen vielleicht die Versuche, den an der Manufaktur beschäftigten Wirkern durch
Stückvergütung einen stärkeren Anreiz zu geben, Experimente, die übrigens fehl-
schlagen; 1768 gelangt wieder die alte Methode des Monatssoldes zur Anwendung.
An die Stelle Demignots tritt der schon längere Zeit in dem Betrieb tätige Antonio
Bruno. 1798 beschäftigt das Atelier nur noch acht Wirker. Die Wirren der
napoleonischen Epoche legen die Werkstatt lahm. Das landesherrliche Dekret vom
30. XII. 1823 schafft eine Neuorganisation der savoyischen Arazzeria, Bruno behält die
Leitung mit einem Jahresgehalte von 3000 L. Nach neun Jahren (1838) schließt die
Manufaktur endgültig ihre Pforten, die Kartons usw. gehen in den Besitz der Academia
Albertina über.

Die herzogliche Bildteppichmanufaktur und die in der Organisation ihr angegliederte
Pietradura-Werkstatt stehen zu Beginn ihrer Tätigkeit unter der Oberaufsicht eines Drei-
männerkollegiums — Graf Bolgaro, Generalintendant Giuseppe de Gregori, Hofmaler
Claudio de Beaumont (2) —; der tonangebende Einfluß liegt in den Händen Beaumont's,
der in starkem Maße an der Kartonbearbeitung beteiligt ist und der Arazzeria jahrzehnte-
lang ihr künstlerisches Gepräge verleiht. Als Vorbild dienen einerseits die figuren-

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