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Göbel, Heinrich; Göbel, Heinrich [Hrsg.]
Wandteppiche (II. Teil, Band 1): Die romanischen Länder: Die Wandteppiche und ihre Manufakturen in Frankreich, Italien, Spanien und Portugal — Leipzig, 1928

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https://doi.org/10.11588/diglit.16360#0477
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Barcelona

Königreich Aragonien.

Barcelona. Zaragoza.

Katalonien, Gotalonien, das in seinem Namen die einstige Gotenherrschaft wieder-
spiegelt, die spanische Mark Kaiser Karls, das eigenwillige, mit Kastilien vereinigte
Fürstentum, dessen Hauptstadt Barcelona seit Jahrhunderten als machtvoller Handels-
hafen Spaniens gefeiert wird, dem um die Wende der Neuzeit ungeheuere Gold-
mengen zuströmen, dem alle Mittel einer üppigen Lebenshaltung zu Gebote stehen,
scheint in hohem Maße prädestiniert, der Bildwirkerei, einer ausgesprochenen Luxus-
industrie, den Boden zu bereiten. Barcelona ähnelt in seiner Blütezeit zu Beginn des
16. Jahrhunderts in vielen Dingen stark der niederländischen Handelsmetropole Ant-
werpen, es teilt mit seiner nordischen Schwester die Licht-, noch mehr die Schatten-
seiten. Die Makler- und Handelstätigkeit untergräbt das freie Kunsthandwerk, ent-
zieht ihm die besten Kräfte. Es kommt hinzu, daß der Südländer — der Spanier
taugt infolge seines Naturells im allgemeinen ebenso wenig zum Bildwirker als der
Italiener — dem langwierigen technischen Prozeß, der zudem die Investierung großer
Beträge für den Einkauf der teueren Rohmaterialien — Wolle, Seide, Gold- und Silber-
fäden — voraussetzt, nur geringes Interesse entgegenbringt; die schwer zu besiegende
Vorliebe dereingesessenen Granden für die altberühmten Erzeugnisse Brabants und Flan-
derns stellt von vornherein dem jungen Unternehmen ein wenig günstiges Prognosti-
kon. Die Betriebe, die in Barcelona entstehen, sind in erster Linie von Instand-
setzungsarbeiten abhängig, für die allerdings die reiche Stadt ein gutes Feld bietet;
der Absatz neuer Folgen ist nur spärlich.

Von besonderem Interesse ist die 1909/10 in den „Anuari" des Institut d'estudis cata-
lans von J. Puig y Cadafalch und J. Miret y Sans veröffentlichte Baugeschichte des
„Palau de la Diputaciö General de Catalunya" zu Barcelona.

Die Bevollmächtigten der Generaldeputation von Katalonien beschließen, den neu-
ausgebauten Verwaltungspalast mit reichen Wandteppichfolgen zu schmücken. 1-453
entwerfen die in Barcelona ansässigen Maler Miquel Nadal und Jaume Huguet, der
führende Meister der katalanischen Schule (1448—1483) (1), drei Kartons „de la istoria
del benaventurat cavaller e martir Sent Jordi", des Patrons der Diputaciö, die auf
Kosten der Körperschaft nach den Niederlanden wandern, um in Arras — „sien fets
en la Vila de Ras" — in Wolle und Seide übertragen zu werden. Der Schriftwechsel
geht über die Brügger Firma Gerard Plovier (Plevir). 1499 ist ein ähnlicher Auftrag
zu verzeichnen. Die Tatsachen erscheinen um so bedeutungsvoller, als nachweislich in
den erwähnten Zeitspannen verschiedene Wirkereiateliers in Barcelona in Tätigkeit sind.
Der einzig mögliche Rückschluß liegt darin, daß die heimischen Meister sich der ge-
stellten Aufgabe nicht gewachsen zeigten, daß sie sich mit der Herstellung reicher,
komplizierter Figurenteppiche nicht befaßten. 1508 schließlich ist von einem Karton
«drap de pinzell sobre tela vengut de Flande de la Istoria de la conquesta de Valencia"
die Rede, der möglicherweise mit der „Geschichte der Grafen von Barcelona", die 1685
im Inventar der Kathedrale zu Girona erscheint, in Verbindung zu bringen ist.

Die früheste Nachricht eines in Barcelona ansässigen Wirkereiateliers geht auf das
Jahr 1391 zurück (2). Nicolau „mestre de draps de senyals", ein aus Frankreich ein-
gewanderter Wirker, betreibt die Anfertigung einfacher Rückenlaken, die sich im
wesentlichen auf ornamental-heraldische Motive und auf das „Millefleursmuster" beschränkt
haben dürften. 1397 finden wir außer dem Genannten einen Meister P. Domenech.
Von größerer Bedeutung scheint der Betrieb des 1418 und 1433 urkundlich erwähnten
Atelierinhabers Bernat Campins — die Familie stammt wahrscheinlich aus Tournai (3) —
gewesen zu sein. Der Beleg vom 10. März 1418, dem „Llibre d'albarans" entnommen,

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