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Göbel, Heinrich
Wandteppiche (III. Teil, Band 1): Die germanischen und slawischen Länder: Deutschland einschließlich Schweiz und Elsass (Mittelalter), Süddeutschland (16. bis 18. Jahrhundert) — Leipzig, 1933

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https://doi.org/10.11588/diglit.13167#0094
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Bodenseegegend. Schweiz. Grenzgebiete Süddeutschlands

,,1518. Item 2 heitischi tiecher mit 5 flguren des passions, hat geben junker Cunrat Stirtzels
mutter seligen an bouw, costent 100 gülden uf den palmentag (28. März) im 1500 und
18. jar etc."

„1519. Item die frow von Valckenstein, geborne von Emps, hat geben ein gewirkt tuch zu
einer zier in den chor circa festum Nicolai (um den 6. Dezember) in 1500 und 19 jor über-
antwurt dem custor in die custori."

Mit dem zweiten Jahrzehnt erlöschen plötzlich die Zuwendungen. Die Tatsache berechtigt
nicht ohne weiteres zur Annahme, daß aus nicht näher ersichtlichen Gründen die Wirkerei-
ateliers in Freiburg ihre Pforten schlössen; die Reformation verbannte die gewirkten Ante-
pendien mit Heiligendarstellungen; der Kundenkreis wird ein wesentlich anderer und un-
gleich beschränkterer.

b) Erhaltene Behänge.

Zweifelhaft ist die Zuschreibung des ältesten und wichtigsten Behanges aus dem Frei-
burger Dominikanerinnenkloster Adelhausen, des bekannten Tierteppichs, den H.Schmitz54)
als oberrheinisch und B. Kurth „mit allem Vorbehalt" als nürnbergisch bzw. fränkisch
bezeichnet. Das sorgfältig gewirkte lange Rücklaken (Abb. 54, H. 0,74 m, L. 5,50 m) mit
mittelfeiner Textur (5 Kettfäden) ist, namentlich in der Farbengebung, von ungewöhnlich
guter Erhaltung. In hochgotischen Maßwerksrahmen erscheinen, rautenförmig gefaßt, in
zwei Reihen übereinander geordnet, auf abwechselnd blauem und grünem Grund, seltsam
gestaltete Drachen, teils mit Hunde- teils mit Vogelköpfen, in Variation mit gegenständigen
Papageien (?), zu seiten eines blumenartigen Gebildes. Die roten Zwischenzwickel füllen
abwechselnd stilisiertes Efeulaub und breite, in vier Blätter auslaufende Blattrosetten. Die
oben und unten angenähte Bordüre55) — ein Wellenband mit gotischen Majuskeln in
Spiegelschrift, durch stilisierte Blütenkelche getrennt und gegliedert — ist wesentlich
später und dürfte kaum vor der Mitte des 15. Jahrhunderts gewirkt sein. Die Entstehung
des Behanges fällt in die Zeit um 1330. Vergleichspunkte bieten die Architekturformen und
die Stilisierung der Efeublätter und Rosetten, die in verwandter Form in den Glasgemälden
zu Königsfelden (um 1330) wiederkehren. Im übrigen sind die Vögel und Drachen einem
italienisch-sarazenischen Seidengewebe entlehnt — der gleiche Vorgang, den wir bei dem
frühesten deutschen Teppichstreifen aus St. Gereon zu Köln (Abb. 1) feststellen konnten.
Die Provenienz des Stückes ist durch die immerhin nur oberflächliche Verwandtschaft mit
den Königsfeldener Glasmalereien noch keinesfalls gesichert. B. Kurth bringt den Behang
mit drei dem Bamberg-Nürnberger Kunstkreis nahestehenden Bildern — ob von dem
Bamberger Maler Wolff Katzheimer (um 1480) ? — in Verbindung. Die Tafeln, gegen-
wärtig in der Gemäldesammlung zu Bamberg, bildeten einst den Schmuck eines St.-Klara-
Altars — Einkleidung der hl. Klara, die Erscheinung des Christuskindes, der Papst über-
reicht der Heiligen die Ordensregeln —: sie sind für unsere Frage nur insofern von Be-
deutung, als in der „Einkleidung" ein Rücklaken sichtbar wird, das, in geradlinigen Rauten
eingelegt, wiederum basiliskenartige Fabelwesen, abwchselnd mit Vogelgestalten, wieder-
gibt. Fast das gleiche Motiv findet sich bei der „Erscheinung" in dem Fußteppich vor dem
Altar. Es besteht nach der ungewöhnlich genauen, auch in den Details exakten Wiedergabe
kaum ein Zweifel, daß der Maler sich der tatsächlich im Klosterschatz vorhandenen Wir-
kereien bediente, die, nach den stilistischen Merkmalen zu schließen, mindestens ein Jahr-
hundert später als der Freiburger Tierteppich anzusetzen sind. Im Gegensatze hierzu deckt
bei der „Übergabe der Ordensregeln" die Fensterbrüstung ein nordfranzösisch-flämischer
Behang — gekrönte Löwen mit dem Spruchband „roi", abwechselnd mit Lilienstauden —,
der zeitlich nur wenige Jahre vor dem Gemäldezyklus entstanden sein kann. Die Arbeiten
waren augenscheinlich durchgängig Neuerwerbungen des Klosters, das mit Stolz dem

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