242) Die Preise auf den Graphikversteigerungen der
letzten hundert Jahre zeichnen die Kurve deutlich
ab, die bald auch eine veränderte Anordnung zur
Folge hatte. Die sog. Reproduktionsstiche werden
in Konvoluten zusammengestellt, damit sie an den
Mann gebracht werden, während man die original-
graphischen Arbeiten der großen Meister immer aus-
führlicher beschreibt.
243) Die korrekte Herstellung der Facette beschreibt
Bosse (S.53) als die letzte Arbeit des Stechers «s’il
veut estre curieux jusques au bout» folgendermaßen:
«11 y a une chose ä faire apres que vous avez grave &
retouche vos planches, c’est de les limer par les bords
en les remettant ä l’esquierre, premierement avec
une grosse lime, puis avec une plus douce, & en
emousser (runden) un peu les coins, & y passer en
suitte le brunissoir (Polierstahl) afin que la rudesse
de la lime ne retienne point de noir cn les Impri-
mant.» Die Ecken der radierten Le Roy-Platte prä-
gen sich auch auf den frühesten Drucken schon ge-
rundet ein, die beschriebene Abschrägung der Kan-
ten hat die Platte erst viel später, als sie fertig gesto-
chen wurde, erfahren.
244) Lionardo da Vinci, Das Buch von der Malerei,
T. II. Nr. 66, übersetzt, hrsgeg. u. erläutert von Hein-
rich Ludwig; Quellenschriften für Kunstgeschichte,
Wien 1882, Bd.L, S.125, der italienische Text S. 124.
245) Auf den Drucken erster Plattenzustände einiger
Radierungen van Dycks (z.B.W. 1, 2, 5, 7, 8, 10, 12,
13,14,15, 16), deren Darstellung bis zum Rande der
Plattereicht, sind die Spuren aufgesetzter Wachsrän-
der zu sehen. Sie bildeten ein flaches Becken, in das
man die Säure goß und so die Linien derZeichnung
ätzte. Bosse beschreibt dieses Verfahren in dem Ka-
pitel « Pour border la planche de Cire afin de contenir
l’eau forte de depart» (S.45) für die Weichgrund-
radierung, die mit dem schnell und stark wirkenden
Scheidewasser (eau fortededepart) behandelt wurde.
Auch die Radierung des Philipp Le Roy-Porträts
dürfte in diesem Verfahren geätzt worden sein, das
große Übung voraussetzt, damit der Zeitpunkt des
Abgießens der Säure nicht verpaßt wird. Seine An-
wendung erklärt die zu starke Ätzung z.B. der
Wangenlinie, aber auch das tiefgefressene Ätzloch,
das als ein Beweis für die mannigfachen Gefahren,
denen der empfindliche weiche Ätzgrund ausgesetzt
ist, anzusehen ist. Abraham Bosse, der wegen dieser
Empfindlichkeit die Anwendung des Verfahrens auf-
gab, spricht davon mit bewegten Worten (S.44):
«Souvenez vous qu’il y a vingt fois plus de soin ä
conserver le verni mol que le dur . . . De plus vous
avez toüjours de la craintc en travaillant avec du
verni mol, que quelqu’un ne vienne ä toucher ä
vostre planche; & vous ne l’oseriez avoir laisse tou-
cher ä personne, s’il n’est praticien du mesme art;
& aussi s’il y estoit tombe de l’huile, suif, beurre,
ou autre teile chose grasse dessus, il n’y a aucun
remede.» An anderer Stelle (S.42) steht die Mah-
nung, vor dem Aufträgen des Firnisses die Platte gut
zu polieren und zu entfetten, «et souvenez vous prin-
cipalement ä ce verni mol & eau forte de depart, de
faire evaporer en hivet l’humidite qui pourroit estre
entre le cuivre & le verny (S.45)». Gleichgültig, ob
eine Spur von Fett, Feuchtigkeit zwischen Firnis und
Kupfer oder eine mechanische Beschädigung die Ur-
sache des Ätzfleckes war, so weist er doch auf man-
gelnde Erfahrung van Dycks und seiner Helfer.
246) Zu verhüten, daß Farbe in die Vertiefung ge-
langt, ist schwierig, da die Stelle zu nahe den einzu-
färbenden Linien liegt und das einfärbende Tampon
verhältnismäßig groß ist. In der Druckerei der Chal-
cographie du Louvre sah V., wie ähnliche Stellen
vor dem Einfärben mit weißer Kreide ausgefüllt
wurden, keine Farbe annahmen und weiß, d.h. un-
sichtbar druckten. Gewöhnlich wird die Farbe in
solchen Fällen vor dem Drucken mit einem Hölz-
chen wieder herausgeholt und dann mit dünnem
Stoff nachgewischt, z. B. verfuhr der ungemein er-
fahrene, kürzlich verstorbene Kupferdrucker der
Akademie Leipzig, Klingler auf diese Weise, dem V.
Einblick in die handwerklichen Grundlagen des
Druckens verdankt; s. a. Carpenter S. 103 Anm.
247) Vgl. Alexander Friedrich, Handlung und Ge-
stalt des Kupferstiches und der Radierung, Essen
1931. S.44ff., besonders die Betrachtungen über das
Zufällige S.Ö4ff. Obwohl V. sich bei weitem nicht
mit allen in diesem Buch geäußerten Ansichten in
Übereinstimmung befindet, so verdankt er seinen
Gedankengängen vielfache fruchtbare Anregungen.
248) H. 136 (W. 189); 180 (W. 185); vgl. ferner H.
147, Karl I.; s. a. Anm. 179.
249) s. S. 51 und Anm. 195.
250) s. Anm.204; Basan (op. cit. S. 546) spricht die
Meinung des 18.Jahrhunderts aus, wenn er von
Vorstermann sagt: «tres-habile Graveur, lequel flo-
rissoit ä Anvers du temps de Rubens & dans les
Estampes duquel on trouve une maniere expressive,
beaucoup d’intelligence, & un art admirable de rendre
les etoffes, ainsi que les differentes masses de couleurs,
qui se trouvoient dans les Tableaux qu’il copioit.»
251) Vgl. Anm. 245.
252) Bosse beschreibt S.ipff. die Herstellung der
Nadeln, die in kleine runde Hölzer von der Länge
eines halben Fußes gesteckt wurden; er teilt sie in
die oval geschliffenen «eschoppes» und die spitzen
«pointes» ein. Van Dyck dürfte ein Werkzeug ähn-
lich der aufrecht gestellten «Pointe» auf Tafel 3
(nach S. 20) benutzt haben, da die Striche mit einer
ganz feinen Nadel gemacht sind. Das bei Bosse ab-
gebildete Instrument konnte auf zwei Seiten ge-
braucht werden, die eine Nadel ist etwas feiner als
die andere, ähnlich wie die Metallhülse für Zeichen-
stifte, die meist verschiedenfarbige Zeichenmittel an
den zwei Enden enthielt, so daß man, ohne das Werk-
zeug zu wechseln, z.B. Zeichnungen in toter und
schwarzer Kreide zu fertigen in der Lage war. Cha-
rakteristische Wiedergabe auf einem Doppelbildnis
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letzten hundert Jahre zeichnen die Kurve deutlich
ab, die bald auch eine veränderte Anordnung zur
Folge hatte. Die sog. Reproduktionsstiche werden
in Konvoluten zusammengestellt, damit sie an den
Mann gebracht werden, während man die original-
graphischen Arbeiten der großen Meister immer aus-
führlicher beschreibt.
243) Die korrekte Herstellung der Facette beschreibt
Bosse (S.53) als die letzte Arbeit des Stechers «s’il
veut estre curieux jusques au bout» folgendermaßen:
«11 y a une chose ä faire apres que vous avez grave &
retouche vos planches, c’est de les limer par les bords
en les remettant ä l’esquierre, premierement avec
une grosse lime, puis avec une plus douce, & en
emousser (runden) un peu les coins, & y passer en
suitte le brunissoir (Polierstahl) afin que la rudesse
de la lime ne retienne point de noir cn les Impri-
mant.» Die Ecken der radierten Le Roy-Platte prä-
gen sich auch auf den frühesten Drucken schon ge-
rundet ein, die beschriebene Abschrägung der Kan-
ten hat die Platte erst viel später, als sie fertig gesto-
chen wurde, erfahren.
244) Lionardo da Vinci, Das Buch von der Malerei,
T. II. Nr. 66, übersetzt, hrsgeg. u. erläutert von Hein-
rich Ludwig; Quellenschriften für Kunstgeschichte,
Wien 1882, Bd.L, S.125, der italienische Text S. 124.
245) Auf den Drucken erster Plattenzustände einiger
Radierungen van Dycks (z.B.W. 1, 2, 5, 7, 8, 10, 12,
13,14,15, 16), deren Darstellung bis zum Rande der
Plattereicht, sind die Spuren aufgesetzter Wachsrän-
der zu sehen. Sie bildeten ein flaches Becken, in das
man die Säure goß und so die Linien derZeichnung
ätzte. Bosse beschreibt dieses Verfahren in dem Ka-
pitel « Pour border la planche de Cire afin de contenir
l’eau forte de depart» (S.45) für die Weichgrund-
radierung, die mit dem schnell und stark wirkenden
Scheidewasser (eau fortededepart) behandelt wurde.
Auch die Radierung des Philipp Le Roy-Porträts
dürfte in diesem Verfahren geätzt worden sein, das
große Übung voraussetzt, damit der Zeitpunkt des
Abgießens der Säure nicht verpaßt wird. Seine An-
wendung erklärt die zu starke Ätzung z.B. der
Wangenlinie, aber auch das tiefgefressene Ätzloch,
das als ein Beweis für die mannigfachen Gefahren,
denen der empfindliche weiche Ätzgrund ausgesetzt
ist, anzusehen ist. Abraham Bosse, der wegen dieser
Empfindlichkeit die Anwendung des Verfahrens auf-
gab, spricht davon mit bewegten Worten (S.44):
«Souvenez vous qu’il y a vingt fois plus de soin ä
conserver le verni mol que le dur . . . De plus vous
avez toüjours de la craintc en travaillant avec du
verni mol, que quelqu’un ne vienne ä toucher ä
vostre planche; & vous ne l’oseriez avoir laisse tou-
cher ä personne, s’il n’est praticien du mesme art;
& aussi s’il y estoit tombe de l’huile, suif, beurre,
ou autre teile chose grasse dessus, il n’y a aucun
remede.» An anderer Stelle (S.42) steht die Mah-
nung, vor dem Aufträgen des Firnisses die Platte gut
zu polieren und zu entfetten, «et souvenez vous prin-
cipalement ä ce verni mol & eau forte de depart, de
faire evaporer en hivet l’humidite qui pourroit estre
entre le cuivre & le verny (S.45)». Gleichgültig, ob
eine Spur von Fett, Feuchtigkeit zwischen Firnis und
Kupfer oder eine mechanische Beschädigung die Ur-
sache des Ätzfleckes war, so weist er doch auf man-
gelnde Erfahrung van Dycks und seiner Helfer.
246) Zu verhüten, daß Farbe in die Vertiefung ge-
langt, ist schwierig, da die Stelle zu nahe den einzu-
färbenden Linien liegt und das einfärbende Tampon
verhältnismäßig groß ist. In der Druckerei der Chal-
cographie du Louvre sah V., wie ähnliche Stellen
vor dem Einfärben mit weißer Kreide ausgefüllt
wurden, keine Farbe annahmen und weiß, d.h. un-
sichtbar druckten. Gewöhnlich wird die Farbe in
solchen Fällen vor dem Drucken mit einem Hölz-
chen wieder herausgeholt und dann mit dünnem
Stoff nachgewischt, z. B. verfuhr der ungemein er-
fahrene, kürzlich verstorbene Kupferdrucker der
Akademie Leipzig, Klingler auf diese Weise, dem V.
Einblick in die handwerklichen Grundlagen des
Druckens verdankt; s. a. Carpenter S. 103 Anm.
247) Vgl. Alexander Friedrich, Handlung und Ge-
stalt des Kupferstiches und der Radierung, Essen
1931. S.44ff., besonders die Betrachtungen über das
Zufällige S.Ö4ff. Obwohl V. sich bei weitem nicht
mit allen in diesem Buch geäußerten Ansichten in
Übereinstimmung befindet, so verdankt er seinen
Gedankengängen vielfache fruchtbare Anregungen.
248) H. 136 (W. 189); 180 (W. 185); vgl. ferner H.
147, Karl I.; s. a. Anm. 179.
249) s. S. 51 und Anm. 195.
250) s. Anm.204; Basan (op. cit. S. 546) spricht die
Meinung des 18.Jahrhunderts aus, wenn er von
Vorstermann sagt: «tres-habile Graveur, lequel flo-
rissoit ä Anvers du temps de Rubens & dans les
Estampes duquel on trouve une maniere expressive,
beaucoup d’intelligence, & un art admirable de rendre
les etoffes, ainsi que les differentes masses de couleurs,
qui se trouvoient dans les Tableaux qu’il copioit.»
251) Vgl. Anm. 245.
252) Bosse beschreibt S.ipff. die Herstellung der
Nadeln, die in kleine runde Hölzer von der Länge
eines halben Fußes gesteckt wurden; er teilt sie in
die oval geschliffenen «eschoppes» und die spitzen
«pointes» ein. Van Dyck dürfte ein Werkzeug ähn-
lich der aufrecht gestellten «Pointe» auf Tafel 3
(nach S. 20) benutzt haben, da die Striche mit einer
ganz feinen Nadel gemacht sind. Das bei Bosse ab-
gebildete Instrument konnte auf zwei Seiten ge-
braucht werden, die eine Nadel ist etwas feiner als
die andere, ähnlich wie die Metallhülse für Zeichen-
stifte, die meist verschiedenfarbige Zeichenmittel an
den zwei Enden enthielt, so daß man, ohne das Werk-
zeug zu wechseln, z.B. Zeichnungen in toter und
schwarzer Kreide zu fertigen in der Lage war. Cha-
rakteristische Wiedergabe auf einem Doppelbildnis
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