nen des Landes verwies, die sich im Dezember (1494) nach Neapel
einschiffen müßten.
Auch den Juden, deren Abwanderung bereits begonnen habe,
stünde nach Ablauf von zwei Jahren das gleiche Schicksal bevor. In
Lissabon, wo sehr reiche jüdische Händler lebten, besucht er im
Ghetto eine Synagoge, deren Reichtum und Schönheit er rühmt. Das
Ghetto in Granada, wo 20.000 Juden gewohnt hatten, war, als Mün-
zer hinkam, auf Geheiß König Ferdinands bereits abgebrochen
worden. Einem Auto da fe beizuwohnen, war dem Nürnberger
nicht vergönnt, obwohl man bei seiner Ankunft in Saragossa eine
solche Ketzerverbrennung für jeden Tag erwartete. Auch nach Va-
lencia kommt er für dieses Schauspiel — 50 Rückfällige harren im
Kerker des Flammentodes — um zwei Wochen zu früh und muß sich
mit der Besichtigung von über 1000 Gewändern verbrannter Ab-
trünniger trösten, die dort die Wände einer Kapelle schmücken.
Dennoch meint er, daß noch weit mehr heimlich aus dem Wege ge-
räumt würden. Die Inquisition wird nur ganz beiläufig erwähnt
und einmal die Vermutung ausgesprochen, daß die reichen Glau-
bensstiftungen der katholischen Majestäten nicht so sehr aus deren
eigenem Säckel wie von den konfiszierten Vermögen der verbrann-
ten getauften Juden bestritten würden.
Doch nicht bloß über das jüdische Volk auf der pyrenäischen
Halbinsel und die dem Mitteleuropäer des 15. Jahrhunderts völlig
fremde maurische Nation, ihre Sitten und Gebräuche suchte sich
Münzer in einem, wie die auf uns gekommenen Berichte von Rei-
senden jener Tage lehren, ungewöhnlichen Maße zu unterrichten,
überall versucht er, die Eigenart des Menschenschlages, zu dem
ihn sein Weg führt, zu ergründen, und vermerkt im Reisebuche ein
präzises gesundes Urteil, das er zumeist dem scharfen Blick der eige-
nen Augen verdankt. Mit zwei Sätzen bringt er dem deutschen Le-
ser die Art der Bearner nahe: ,.Et hic Bernenses sunt liberi et per
omnia sunt similes in moribus Schwiceris. Pars tamen recognoscit
regem Navarrae, alia pars comites de Fuxo, ut nostri Schwiceri im-
peratorem“. Ein anderer knapp gehaltener Vergleich zeichnet die
Bewohner der Normandie: „populus est multum civilis et sobrius
et habet similes ritus per omnia ut Flandrenses“. Gut geschaut ist
das Bild, das er von den Bürgern von Köln und ihrem Handel und
Wandel entwirft, wobei einige satte Farbenstriche auch auf die Köl-
nerin entfallen. Die Frauen von Brügge, weiß Münzer zu berichten,
opferten trotz ihres guten Christentums auch gerne der heidnischen
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einschiffen müßten.
Auch den Juden, deren Abwanderung bereits begonnen habe,
stünde nach Ablauf von zwei Jahren das gleiche Schicksal bevor. In
Lissabon, wo sehr reiche jüdische Händler lebten, besucht er im
Ghetto eine Synagoge, deren Reichtum und Schönheit er rühmt. Das
Ghetto in Granada, wo 20.000 Juden gewohnt hatten, war, als Mün-
zer hinkam, auf Geheiß König Ferdinands bereits abgebrochen
worden. Einem Auto da fe beizuwohnen, war dem Nürnberger
nicht vergönnt, obwohl man bei seiner Ankunft in Saragossa eine
solche Ketzerverbrennung für jeden Tag erwartete. Auch nach Va-
lencia kommt er für dieses Schauspiel — 50 Rückfällige harren im
Kerker des Flammentodes — um zwei Wochen zu früh und muß sich
mit der Besichtigung von über 1000 Gewändern verbrannter Ab-
trünniger trösten, die dort die Wände einer Kapelle schmücken.
Dennoch meint er, daß noch weit mehr heimlich aus dem Wege ge-
räumt würden. Die Inquisition wird nur ganz beiläufig erwähnt
und einmal die Vermutung ausgesprochen, daß die reichen Glau-
bensstiftungen der katholischen Majestäten nicht so sehr aus deren
eigenem Säckel wie von den konfiszierten Vermögen der verbrann-
ten getauften Juden bestritten würden.
Doch nicht bloß über das jüdische Volk auf der pyrenäischen
Halbinsel und die dem Mitteleuropäer des 15. Jahrhunderts völlig
fremde maurische Nation, ihre Sitten und Gebräuche suchte sich
Münzer in einem, wie die auf uns gekommenen Berichte von Rei-
senden jener Tage lehren, ungewöhnlichen Maße zu unterrichten,
überall versucht er, die Eigenart des Menschenschlages, zu dem
ihn sein Weg führt, zu ergründen, und vermerkt im Reisebuche ein
präzises gesundes Urteil, das er zumeist dem scharfen Blick der eige-
nen Augen verdankt. Mit zwei Sätzen bringt er dem deutschen Le-
ser die Art der Bearner nahe: ,.Et hic Bernenses sunt liberi et per
omnia sunt similes in moribus Schwiceris. Pars tamen recognoscit
regem Navarrae, alia pars comites de Fuxo, ut nostri Schwiceri im-
peratorem“. Ein anderer knapp gehaltener Vergleich zeichnet die
Bewohner der Normandie: „populus est multum civilis et sobrius
et habet similes ritus per omnia ut Flandrenses“. Gut geschaut ist
das Bild, das er von den Bürgern von Köln und ihrem Handel und
Wandel entwirft, wobei einige satte Farbenstriche auch auf die Köl-
nerin entfallen. Die Frauen von Brügge, weiß Münzer zu berichten,
opferten trotz ihres guten Christentums auch gerne der heidnischen
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