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Münsterschatz ausgesucht worden. Unter diesem Datum richtete der Dompfarrer Strasser die
Anfrage an das Ministerium des Innern in Karlsruhe, „ob er die von dem Official v. Vicari in
Konstanz ausgesuchten Paramente und Gerätschaften aushändigen dürfe“5. Nach dem Verzeich-
nis handelte es sich um „das Pectoral von Sr. Hochfürstl. Gnaden Franz Johann von Prasberg“
(Nr. 30), um dessen goldenen Kelch samt Patene und die dazu gehörige Meßkännchengarnitur
(Nr. 31/32), ferner um zwei Bischofsringe, einen Weihwasserkessel (Nr. 26), zwei Bischofs-
stäbe, einen Handleuchter für das Pontifikalamt, zwei Kredenzplatten, das silberne Lavabo des
Weihbischofs v. Sirgenstein (Nr. 36), das prachtvolle Kapitelskreuz (Nr. 20) und ein „Funeral-
Kreuz mit Agath und Lappis Lazoli“. Diese sich heute noch im Freiburger Domschatz befind-
lichen Kultgeräte stammen alle aus dem 16. bis 18. Jahrhundert. Der überaus reiche und sehr
kostbare mittelalterliche Konstanzer Münsterschatz war in der Reformation restlos in die
Münze gewandert, so daß sein heutiger Bestand an liturgischen Geräten erst nach diesem Zeit-
punkt langsam wieder anwuchs6. Außerdem schickten die Konstanzer einen großen Ornat aus
rotem Samt, der ehemals auch dem Fürstbischof Franz Johann v. Prasberg gehört hatte, Mitren
und andere liturgische Gewänder, die zur Pontifikalkleidung des Bischofs dienen. Auch der
fürstbischöfliche Baldachin aus rotem Samt und zwei Pontifikalsessel kamen nach Freiburg.
Zu einem etwas späteren Zeitpunkt wurden noch andere sakrale Geräte aus dem Konstanzer
Domschatz dem Freiburger Münster übertragen, so ein Reliquienkästchen aus getriebenem
Silber (Nr. 19) und das kristallene Altarkreuz mit zwei Leuchtern (Nr. 27), das der Fürstbischof
Jakob Fugger v. Weißenhorn 1617 seiner Domkirche geschenkt hatte und das heute auf dem
Hochaltar des Münsters steht. Die größte Schwierigkeit bereitete aber die Beschaffung des
Kreuzes, das dem Erzbischof in der Prozession vorangetragen wird. Abt Januarius von Rheinau
hatte das Vortragekreuz des letzten Konstanzer Fürstbischofs, des Freiherrn v. Dalberg, erwor-
ben, auf dessen Rückseite unter Glas ein Partikel des Kreuzesholzes eingeschlossen ist. Als er
von dem Anliegen der Freiburger erfuhr, schenkte er am 14. Juli 1827 das Kreuz Dr. Bernhard
Boll7, der es am 29. Mai 1832 testamentarisch der Metropolitankirche vermachte (Nr. 17)8.
Am 20. Oktober hatte die Besitzergreifung des zur Domkirche erhobenen Münsters durch
den vom Erzbischof delegierten Domdekan Dr. Burg stattgefunden. Wochen zuvor hatte
Dr. Boll den Hochaltar im Chor um 8 Schuh (etwa 2y2 m) nach Osten versetzen lassen, um für
künftige Pontifikalämter Platz zu schaffen9.

Aus all dem geht hervor, daß das Freiburger Münster nicht auf eine jahrhundertelange Tradi-
tion als Bischofskirche zurückblicken kann und sich daher der Münsterschatz nicht mit den
Schatzkammern der großen Dome vergleichen läßt. Und doch findet sich hier eine Fülle von
bedeutenden Goldschmiedearbeiten, Paramenten und Wirkereien, die noch zum großen Teil
aus jenen Zeiten stammen, da das Münster „Unsrer Lieben Frau“ als Haupt-Pfarrkirche im
Bewußtsein der Bürger ihr eigenster, stolzer Besitz war, dem sie alle Liebe, Verehrung und
Opferfreudigkeit durch Jahrhunderte zollten.

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