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DAS MÜNSTER IM MITTELALTER

Da die sakralen Geräte, Kelche, Monstranzen, Altar- und Vortragekreuze, die Reliquiare und
dgl. mehr, ebenso wie die Paramente, die der Priester zur Feier der heiligen Messe anlegt, den
eigentlichen Kern des Münsterschatzes bilden, sei zunächst an die gottesdienstlichen Gepflogen-
heiten im Mittelalter erinnert, über die uns die beiden noch vorhandenen Präsenzstatuten vom
23. Juni 1364 und 4. August 1400 ein ziemlich vollständiges Bild geben22. Diese regeln im Ein-
vernehmen mit dem Konstanzer Bischof, dem Rat der Stadt und den Inhabern der geistlichen
Pfründen den Ablauf der täglich in der Pfarrkirche zu feiernden Liturgie.

Um 1400 hatte der Bau „Unsrer Lieben Frau“ noch nicht die heutige Größe. Noch fehlte der
hohe spätgotische Chor mit seinem Umgang und dem Kranz der daranhegenden elf KJen'len.
Damals stand der romanische Chor mit den beiden Flahnentürmen und das mächtig au!er ?ende
Querhaus, an das sich nach Westen das Langhaus mit den beiden Seitenschiffen anschloß. Der
gewaltige Turm, Wahrzeichen der Stadt, ragte im Westen auf. In der hoch über dem Mittel-
schiff liegenden Turmkapelle war der Michaelsaltar, dessen Pfründe ursprünglich mit dem
Michaelsaltar auf der Burg verbunden und erst nach deren Eroberung durch die Freiburger 1366
auf den Altar im Münsterturm übertragen wurde23. Durch die verglasten Fenster fiel farbiges
Licht und verzauberte den Innenraum. Zahlreiche silberne Ewig-Licht-Ampeln brannten vor den
Altären und Bildern der Heiligen. Im Chor, der in damaliger Zeit noch fünf Stufen höher lag
als heute, erhob sich hinter dem gotischen Lettner der Fron- (Herren-) oder Hochaltar. Er war der
Mutter Gottes geweiht. Dies geht allerdings nur aus der Anweisung an den „brueder, so man des
hailigen creuz in unser lieben frauen im münster nennt“, hervor, der Tag und Nacht für die
Ordnung im Münster zu sorgen hatte „und auf alle altäre, bevorderst Unser Lieben Frauen und
die, so geziert, damit nichts verwahrlost oder entfrembdt werde, guete sorg, aufsehen und ach-
tung geben“24 mußte. Im Gestühl zu Seiten des Hochaltars versammelte sich die Geistlichkeit
zum Chorgebet. Dort waren zu Ende des 15. Jahrhunderts „3 groß psalter ... an dem gestuhl
angehenkt und andre bucher mer, die im kor ligen und alle angehenkt sein“25, d. h. die damals
teueren Bücher waren der Sicherheit halber mit Ketten am Chorgestühl befestigt, .'ine Be-
stuhlung kannte man im Kirchenraum nicht.

Von dem gotischen Lettner, der vor dem romanischen Chor stand und der 1579 dem in Auftrag
gegebenen Renaissancelettner des Werkmeisters Hans Böringer weichen mußte, sind keine Reste
erhalten. Einige schriftliche Quellen weisen aber auf sein Vorhandensein hin. So fand Karl
Schuster eine Rechnung aus dem Jahre 1505, wonach ein Schreiner für „ein pulbret zu machen
uf dem letner“ 4 Pfennig erhielt253. In der „Ordnung der Ampeln“ wird ein Ewiges Licht an-
geführt, „das da ist in dem Gatter vor unserem Herrn“255. Außerdem erwähnt das Inventar von
1565, daß die beiden großen Passionsteppiche (Nr. 16) „oben am gatter vor dem Chor“ hingen250.

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