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Gothein, Marie Luise
Indische Gärten: mit 71 Abbildungen — München [u.a.], 1926

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https://doi.org/10.11588/diglit.17363#0011
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ERSTES KAPITEL

as arische Volk, das einst von Norden vordringend allmählich

die gewaltige Halbinsel des indischen Reiches in Besitz nahm,

L J gehört zu den ältesten Kulturvölkern der Erde. Ihrer Litera*
tur, die, seitdem sie im Abendlande bekannt wurde, großen, auch heute
noch lebendigen Einfluß auf unser Geistesleben ausgeübt hat, haben
die beiden andern alten Völker, die Ägypter und Babylonier, nichts
auch nur entfernt Ähnliches an die Seite zu stellen. Während wir aber
bei diesen ihre früheste Geschichte aus Steinen und Bauwerken ablesen
können, sehen wir mit befremdetem Staunen, daß die bildenden Künste,
deren Denkmale Indien aufbewahrt, verhältnismäßig sehr jungen
Datums sind. Eine Steinbaukunst und Skulptur, also eine, deren Reste
noch zu uns reden können, hat es in vorbuddhistischer Zeit, ja vor
dem 3. Jahrhundert v. Chr. hier sicher nicht gegeben. Auch diese
frühen Bauten waren noch auf sehr lange hinaus auf eine religiöse
Kunst beschränkt; Tempel, die sich noch vielfach in Felshöhlen ver«
steckten, und andere geweihte Bauten erzählen von der Verehrung, die
man dem Erhabenen, dem hochheiligen Buddha darbrachte.
Es ist wohl sicher, daß die Inder in der Zeit der Veden keine Tempel
kannten; ihre sichtbare Verehrung knüpfte sich nur an Opferaltäre, die
zwar samt ihrem Zubehör sehr kompliziert waren, aber jedesmal neu
aufgeschichtet werden mußten. Die Veden aber bilden den Abschluß
einer Kulturepoche; seitdem hatte sich das indische Volk kulturell
stark umgewandelt. Nicht nur war die brahmanische Geistesherrschaft
und die eng mit ihr verbundene Kastenbildung, die die Veden noch
kaum kennen, ganz durchgedrungen, auch die vedischen Götter haben
andern weichen müssen. Und bei diesen aus Volkskulten hervorgegange*
nen neuen Göttern ist es nicht so wahrscheinlich, daß man auch sie in den
vielen Jahrhunderten, die bis zum Erscheinen Buddhas verflossen, ohne
dauernde Kultstätten, ohne Tempel gelassen haben wird. Die Literatur

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