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Gothein, Marie Luise
Indische Gärten: mit 71 Abbildungen — München [u.a.], 1926

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https://doi.org/10.11588/diglit.17363#0042
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ZWEITES KAPITEL

Mit dem Verblassen der Kunstpoesie, die nicht weit über das
8. Jahrhundert hinausreicht, verlieren wir für geraume Zeit
die beste Quelle für die Gartenschilderung. Die sozialen Be*
dingungen freilich, die diese Kunstpoesie gezeitigt hat: die vielen kleine*
ren und größeren Fürstenhöfe, bleiben Jahrhunderte weiter bestehen
und wie bisher werden dort die Gärten angelegt worden sein mit ihren
einfachen Grundlinien, ihrem überreichen Blütenschmuck, ihren Lotos*
teichen, Kanälen, Springbrunnen, und in ihrer Mitte die bunten, reich*
geschnitzten, vergoldeten Paläste und Pavillons. Wir erwähnten schon,
wie spät sich die profane Baukunst dem Steinbau zugewandt hat. Im
Süden besonders, wo doch seit Jahrhunderten die gewaltigen steinernen
Göttertempel entstanden, scheint erst der Wetteifer mit den Bauten der
Großmoghulzeit eine Profanbaukunst in Stein angeregt zu haben. Selbst
zu Verteidigungszwecken wurden Mauern, Türme und Bollwerke bis
dahin aus Holz aufgeführt und erst das 17. Jahrhundert zeigt die ältesten
steinernen Paläste. Auch im Norden hat sehr wahrscheinlich erst der
Einfluß der Muhamedaner den Fürsten den Gedanken nahegelegt, ihre
Paläste ganz aus dauerhaftem Stein zu errichten. Doch sind hier schon
seit dem 8. Jahrhundert die arabischen und türkisch*sarazenischen Er*
obererscharen aus den nördlichen Pässen der Randgebirge herein*
gebrochen und wenn auch eine große, zusammenhängende Sultans*
herrschaft immer wieder schnell zusammenbrach, so setzten sich doch
kleinere selbständige Muhamedanerreiche zwischen die einheimischen
Rajastaaten fest. So sehr sich beide auch im Glauben und in den religio*
sen Sitten abschlössen, so lernten sie doch beständig in allen Zweigen
der Kultur und Lebensführung voneinander. So entwickelt sich zwar
im Palaststil eine große Reihe lokal bedingter und begrenzter Stilarten,
deren Eigenes im einzelnen bestimmbar ist, die allgemeine Anlage da*
gegen, besonders auch in Höfen und Gärten, ist bei den muhamedani*

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