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Gothein, Marie Luise
Indische Gärten: mit 71 Abbildungen — München [u.a.], 1926

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https://doi.org/10.11588/diglit.17363#0043
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sehen und einheimischen Fürsten der Zeit vor der Herrschaft der Groß*
moghuls einander sehr ähnlich, während doch die religiöse Baukunst der
indischen Tempel und Moscheen ihre abgrundtiefe Verschiedenheit
niemals zu überbrücken versucht hat. Leider ist aus der älteren Zeit
wenig von diesen Palästen auch in Nordindien erhalten, vielleicht auch
noch nicht genügend erforscht. Die ewigen Fehden, die die kleinen
Fürsten Nordindiens in dieser Zeit sowohl unter sich wie vor allem
mit den immer wieder eindringenden muhamedanischen Eroberern aus«
zufechten hatten, zwangen sie, ihre Paläste als Festungen anzulegen;
meist wurde ein steiler Fels gewählt, dessen Zugänge durch Tore be«
wacht wurden; war der Platz auf der Höhe groß und wasserreich
genug, so umschlossen die Mauern manchmal die ganze Stadt, wie z. B.
das alte Chitor, ehe es von Akbar dreimal zerstört wurde, der Raja
Udai Sing sich weiter zurückzog und 1571 die neue Stadt Udaipur
gründete. Gerade die Paläste von Chitor, wenn auch sehr vernach«
lässigt, zeigen vielleicht noch am besten den Stil und die Dekoration
vor der Zeit der Großmoghuls. Eine unerläßliche Vorbedingung war der
künstliche See oder mehrere derselben, die wohl fast immer zugleich mit
den Bauten angelegt wurden. Auch in Chitor liegen die verschiedenen
Paläste, die wohl der Mitte des 15. Jahrhunderts angehören, von zwei
großen Stauteichen begrenzt; leider ist auch hier alles, was einst an
Gartenanlagen vorhanden war, völlig zerstört. Einst war dieses gewal«
tige Felsplateau mit seinen krönenden Palästen, den vielstöckigen Tür«
men und den sieben monumentalen Toren, die selbst wieder prächtig
dekorierte Hallen und Zimmer umschließen, ein höchst imposanter Ans
blick. Akbar schleppte Schätze aus der zerstörten Stadt fort, wovon noch
zwei wundervolle Tore, die er in seinem Palast in Agra aufstellte, Zeugnis
geben. Als dann der, Raja Chitor aufgab, wählte er als seine neue Haupt«
Stadt Udaipur. Diese liegt in schönster Lage auf dem hohen Ufer über
dem Polasee, einem heute zu riesiger Ausdehnung angewachsenen Stau«
becken. Raja Udai Sing hat es wohl in seinen Anfängen schon vor«
gefunden, doch erst er und seine Nachfolger haben es zu seiner jetzigen
Größe erweitert. Die Baugeschichte der Stadt und der Paläste dauert
von 1571 bis zur Gegenwart, aber glücklicherweise haben sich diese
Fürsten von dem zerstörenden europäischen Einfluß, der so viele
andere Schlösser verunglimpfte, ziemlich freigehalten. Das Bild

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