BESCHREIBUNG DER TAFELN.
1. Einband aus Ägypten, 6. Jahrh.
Schafleder über einer durch stärkehaltigen Klebestoff ver-
bundenen Papyruspappe, mit Ornamentierung aus aufgenähten
Lederstreifen. Das Leder ist nur äußerlich mit Purpurfarbe be-
strichen, nicht in der Masse gefärbt, wie die Bruchstellen zeigen,
und teilweise vergoldet. Heute liegt erdiger Belag über dem
Leder, wodurch es einen grau-violetten Schimmer hat. Die ur-
sprüngliche Farbenzusammenstellung und Dekoration ist fol-
gende: der ganze Grund ist purpurrot, das quadratische Mittel-
feld und die beiden vorgelagerten Streifen haben Goldgrund,
der durch einzelne, nicht eben sorgfältig neben- oder über-
einandergeklebte, vergoldete Lederstreifen gebildet ist. Man sieht
besonders in der Aufnahme von Tafel 2, die 4 mm über dem
Maße ausgefallen ist, diese in zwei Richtungen geführten Leder-
streifen sehr deutlich. Auf den so gebildeten Goldgrund wurde
das aus dünnen, roten Lederstreifchen gebildete Ornament auf-
genäht; die Stiche und Fadenreste sind besonders in der Mittel-
rosette sehr deutlich wahrnehmbar. Schon auf diesem ältesten
Lederbande ist für die Mitte ein quadratisches Feld durch Vor-
lagerung je eines rechteckigen Ornamentstreifens oben und
unten geschaffen. Der Entwurf des Ornamentes weist durch die
Anordnung der sich überschneidenden und in der Überschnei-
dung wechselnden Bänder, nach Art der ein Jahrtausend später
verwendeten Entrelacs, auf ausgebildeten Formensinn und die
weit entwickelte Technik hin. Der um das Mittelornament ge-
führte Kreisring sowie die Umrahmung der Rechtecke zeigt je
ein goldenes Lederstreifchen, das durch parallele Einschnitte
eines anderen, rotgefärbten, sich seinerseits vom Goldgründe
abhebenden Streifens in der Weise hindurchgezogen ist, daß
jeder zweite, vierte, sechste ... Steg purpurrot oben liegt, jeder
erste, dritte, fünfte . .. Steg vom vergoldeten Durchzugleder be-
deckt erscheint, ln den vier Ecken des quadratischen Mittelfeldes
sind deutliche Ansätze der später als »Arabesken« bezeichneten
Blatt- und Rankenmuster vorhanden.
An der Innenseite des linken Deckels unten sind, 4 cm vom
Falz entfernt und zu ihm parallel zwei knapp nebeneinander
liegende Stücke von Hanfschnüren in der Länge von 72 mm sicht-
bar, deren Enden in die hier dicke Papyrusmasse versenkt sind.
An der Innenseite des rechten Deckels sind fünf aus
Hanfschnüren hergestellte Vorrichtungen zur Befestigung der
einstigen Bünde vorhanden, und zwar in Abständen vom unteren
Rande: 65 — 135 — 20 — 265 — 335 — (von da bis
zum Rande noch einige Zentimeter), also rund in Intervallen
von 7 cm. Die Konstruktion dieser Vor-
richtungen ist aus der nebenstehenden
Abbildung zu erkennen. Der sehlingen-
förmige Teil ragt über den Falz hinaus,
die beiden parallel liegenden Enden sind
in die Papyrusmasse eingebettet und waren
offenbar einst auch von einer entsprechen-
den Papyrusschicht bedeckt. Im Falz läuft,
quer über die beiden parallelen Schnur-
stücke, eine gleich dicke, einfache Schnur,
die oberhalb der Schlinge noch erhalten,
unter derselben, an der punktierten Stelle,
abgebröckelt ist; siesollte wahrscheinlich die
Haltbarkeit der Schlingen gegen Ausreißen
sichern. Durch diese Schlingen müssen nämlich die Enden der
Bünde gezogen worden sein, deren vertiefter Abdruck im Rücken
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Stellung bei abgeschlagenem
Deckel.
des Bandes noch vollkommen deutlich sichtbar ist. Die Breite
des Rückens ist im Original, soweit man bei seinem starren Zu-
stande zu schließen vermag, mit 6 cm anzunehmen.
Die Verbindung zwischen dem Buchblock und den Deckeln
aus Papyruspappe wurde, wie schon erwähnt, dadurch bewerk-
stelligt, daß die Bundenden durch die in den Deckelschichten
befestigten Hanf schlingen gezogen und in unbekannter Weise
auf den Deckeln befestigt wurden. Eine noch stärkere Verbin-
dung zwischen Buchrücken und Deckeln fand dadurch statt,
daß vom Rücken, seiner ganzen Länge nach, außen auf die
Deckel ein zähes, grobes Hanfgewebe geklebt wurde, das sich
fast vollkommen unversehrt erhalten und eigentlich den Band
vor Zerfall bewahrt hat. Erst über die so vorbereiteten Deckel
wurde dann der äußere Überzug von gefärbtem und vergol-
detem Leder angebracht. (Einst etwa 37 X 27 cm)
Den einstigen Inhalt dieses Bandes kann man mit Sicherheit nicht
mehr bestimmen. Unter den vielen koptischen Fragmenten könnten mit
einiger Wahrscheinlichkeit Schriften des Abba Schenute in Betracht kommen,
sowohl nach Maßgabe der Einstichlöcher als nach Maßgabe der ähnlichen
Deformierung des Randes. Der Einband kam mit den von Theodor Graf
in Ägypten erworbenen Papyri nach Wien und bildet jetzt einen wert-
vollen Bestandteil der im Jahre 1900 in die Hofbibliothek übertragenen
Sammlung Seiner kaiserlichen Hoheit des Herrn Erzherzogs Rainer. Die
Datierung ergibt sich mit Hilfe der völlig gleichartigen, aus ägyptischen
Gräbern stammenden Arbeiten von Lederapplikation auf Schuhwerk, die
ins 6. oder 7. Jahrhundert gesetzt werden; vgl. Heinr. Frauberger, Antike
und frühmittelalterliche Fußbekleidungen aus Achmin-Panopolis, Düssel-
dorf (o. J.) in Fol., Seite 2.
2. Einband aus Ägypten, 6. Jahrh.
Eine der beiden Seiten des Einbandes, der natürlichen
Größe ziemlich entsprechend.
3. Griechischer Einband des 15.Jahrh.
Rotbraunes Maroquin über dicken Lindenholzdeckeln, mit
Blindstempeln und gestrichenen Linien verziert. Die Stehkanten sind
bis auf die Ecken und die an den Falz stoßende Partie rinnen-
förmig ausgehöhlt. Nur die Felderteilung beider Deckel ist gleich,
doch sind alle drei Umrahmungen des Vorderdeckels mit an-
deren Stempeln bewerkstelligt (zweierlei Flechtwerk und ein
Stempel mit zwei Hunden, die gegeneinander schreiten, jedoch
den Kopf nach der entgegengesetzten Seite wenden, in Ara-
besken eingeschlossen, außerdem ein rautenförmiger Stempel
mit heraldischer Lilie). Einst je fünf Metallbeschläge vorne und
hinten. Als Klausur dienten an zwei Stellen der Seitenkante des
Hinterdeckels je drei zusammengeflochtene Riemchen, deren Enden
mit einer Metallöse in Stifte in der hohlen Kante des Vorder-
deckels eingriffen. Die Innenseiten der Deckel sind jetzt mit
dem benachbarten Schriftblatt beklebt. Heftung auf fünf Bünde
ohne Fitz, ferner ist vom ganzen Rücken grobes Gewebe auf
die äußeren Seiten gezogen. Das von einem zweiten Faden
umstochene Kapital ist hier ein wesentlicher Teil in der Kon-
struktion des Einbandes. Es besteht aus einem Lederstreifen,
dessen Enden auf die Stehkanten hinübergezogen sind; bei den
über den Kanten liegenden Teilen des Kapitals werden die Faden-
enden des auch hier umflochtenen Lederstreifchens durch Einschnitte
im Holzdeckel nach innen geführt und dann zu dritt in je einem Bohr-
loch verpflöckt. Das Leder des Rückens ist mit dem Kapital nicht
vernäht, der Rücken ohne hervorstehende Bünde, nur mit einigen
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1. Einband aus Ägypten, 6. Jahrh.
Schafleder über einer durch stärkehaltigen Klebestoff ver-
bundenen Papyruspappe, mit Ornamentierung aus aufgenähten
Lederstreifen. Das Leder ist nur äußerlich mit Purpurfarbe be-
strichen, nicht in der Masse gefärbt, wie die Bruchstellen zeigen,
und teilweise vergoldet. Heute liegt erdiger Belag über dem
Leder, wodurch es einen grau-violetten Schimmer hat. Die ur-
sprüngliche Farbenzusammenstellung und Dekoration ist fol-
gende: der ganze Grund ist purpurrot, das quadratische Mittel-
feld und die beiden vorgelagerten Streifen haben Goldgrund,
der durch einzelne, nicht eben sorgfältig neben- oder über-
einandergeklebte, vergoldete Lederstreifen gebildet ist. Man sieht
besonders in der Aufnahme von Tafel 2, die 4 mm über dem
Maße ausgefallen ist, diese in zwei Richtungen geführten Leder-
streifen sehr deutlich. Auf den so gebildeten Goldgrund wurde
das aus dünnen, roten Lederstreifchen gebildete Ornament auf-
genäht; die Stiche und Fadenreste sind besonders in der Mittel-
rosette sehr deutlich wahrnehmbar. Schon auf diesem ältesten
Lederbande ist für die Mitte ein quadratisches Feld durch Vor-
lagerung je eines rechteckigen Ornamentstreifens oben und
unten geschaffen. Der Entwurf des Ornamentes weist durch die
Anordnung der sich überschneidenden und in der Überschnei-
dung wechselnden Bänder, nach Art der ein Jahrtausend später
verwendeten Entrelacs, auf ausgebildeten Formensinn und die
weit entwickelte Technik hin. Der um das Mittelornament ge-
führte Kreisring sowie die Umrahmung der Rechtecke zeigt je
ein goldenes Lederstreifchen, das durch parallele Einschnitte
eines anderen, rotgefärbten, sich seinerseits vom Goldgründe
abhebenden Streifens in der Weise hindurchgezogen ist, daß
jeder zweite, vierte, sechste ... Steg purpurrot oben liegt, jeder
erste, dritte, fünfte . .. Steg vom vergoldeten Durchzugleder be-
deckt erscheint, ln den vier Ecken des quadratischen Mittelfeldes
sind deutliche Ansätze der später als »Arabesken« bezeichneten
Blatt- und Rankenmuster vorhanden.
An der Innenseite des linken Deckels unten sind, 4 cm vom
Falz entfernt und zu ihm parallel zwei knapp nebeneinander
liegende Stücke von Hanfschnüren in der Länge von 72 mm sicht-
bar, deren Enden in die hier dicke Papyrusmasse versenkt sind.
An der Innenseite des rechten Deckels sind fünf aus
Hanfschnüren hergestellte Vorrichtungen zur Befestigung der
einstigen Bünde vorhanden, und zwar in Abständen vom unteren
Rande: 65 — 135 — 20 — 265 — 335 — (von da bis
zum Rande noch einige Zentimeter), also rund in Intervallen
von 7 cm. Die Konstruktion dieser Vor-
richtungen ist aus der nebenstehenden
Abbildung zu erkennen. Der sehlingen-
förmige Teil ragt über den Falz hinaus,
die beiden parallel liegenden Enden sind
in die Papyrusmasse eingebettet und waren
offenbar einst auch von einer entsprechen-
den Papyrusschicht bedeckt. Im Falz läuft,
quer über die beiden parallelen Schnur-
stücke, eine gleich dicke, einfache Schnur,
die oberhalb der Schlinge noch erhalten,
unter derselben, an der punktierten Stelle,
abgebröckelt ist; siesollte wahrscheinlich die
Haltbarkeit der Schlingen gegen Ausreißen
sichern. Durch diese Schlingen müssen nämlich die Enden der
Bünde gezogen worden sein, deren vertiefter Abdruck im Rücken
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1
Stellung bei abgeschlagenem
Deckel.
des Bandes noch vollkommen deutlich sichtbar ist. Die Breite
des Rückens ist im Original, soweit man bei seinem starren Zu-
stande zu schließen vermag, mit 6 cm anzunehmen.
Die Verbindung zwischen dem Buchblock und den Deckeln
aus Papyruspappe wurde, wie schon erwähnt, dadurch bewerk-
stelligt, daß die Bundenden durch die in den Deckelschichten
befestigten Hanf schlingen gezogen und in unbekannter Weise
auf den Deckeln befestigt wurden. Eine noch stärkere Verbin-
dung zwischen Buchrücken und Deckeln fand dadurch statt,
daß vom Rücken, seiner ganzen Länge nach, außen auf die
Deckel ein zähes, grobes Hanfgewebe geklebt wurde, das sich
fast vollkommen unversehrt erhalten und eigentlich den Band
vor Zerfall bewahrt hat. Erst über die so vorbereiteten Deckel
wurde dann der äußere Überzug von gefärbtem und vergol-
detem Leder angebracht. (Einst etwa 37 X 27 cm)
Den einstigen Inhalt dieses Bandes kann man mit Sicherheit nicht
mehr bestimmen. Unter den vielen koptischen Fragmenten könnten mit
einiger Wahrscheinlichkeit Schriften des Abba Schenute in Betracht kommen,
sowohl nach Maßgabe der Einstichlöcher als nach Maßgabe der ähnlichen
Deformierung des Randes. Der Einband kam mit den von Theodor Graf
in Ägypten erworbenen Papyri nach Wien und bildet jetzt einen wert-
vollen Bestandteil der im Jahre 1900 in die Hofbibliothek übertragenen
Sammlung Seiner kaiserlichen Hoheit des Herrn Erzherzogs Rainer. Die
Datierung ergibt sich mit Hilfe der völlig gleichartigen, aus ägyptischen
Gräbern stammenden Arbeiten von Lederapplikation auf Schuhwerk, die
ins 6. oder 7. Jahrhundert gesetzt werden; vgl. Heinr. Frauberger, Antike
und frühmittelalterliche Fußbekleidungen aus Achmin-Panopolis, Düssel-
dorf (o. J.) in Fol., Seite 2.
2. Einband aus Ägypten, 6. Jahrh.
Eine der beiden Seiten des Einbandes, der natürlichen
Größe ziemlich entsprechend.
3. Griechischer Einband des 15.Jahrh.
Rotbraunes Maroquin über dicken Lindenholzdeckeln, mit
Blindstempeln und gestrichenen Linien verziert. Die Stehkanten sind
bis auf die Ecken und die an den Falz stoßende Partie rinnen-
förmig ausgehöhlt. Nur die Felderteilung beider Deckel ist gleich,
doch sind alle drei Umrahmungen des Vorderdeckels mit an-
deren Stempeln bewerkstelligt (zweierlei Flechtwerk und ein
Stempel mit zwei Hunden, die gegeneinander schreiten, jedoch
den Kopf nach der entgegengesetzten Seite wenden, in Ara-
besken eingeschlossen, außerdem ein rautenförmiger Stempel
mit heraldischer Lilie). Einst je fünf Metallbeschläge vorne und
hinten. Als Klausur dienten an zwei Stellen der Seitenkante des
Hinterdeckels je drei zusammengeflochtene Riemchen, deren Enden
mit einer Metallöse in Stifte in der hohlen Kante des Vorder-
deckels eingriffen. Die Innenseiten der Deckel sind jetzt mit
dem benachbarten Schriftblatt beklebt. Heftung auf fünf Bünde
ohne Fitz, ferner ist vom ganzen Rücken grobes Gewebe auf
die äußeren Seiten gezogen. Das von einem zweiten Faden
umstochene Kapital ist hier ein wesentlicher Teil in der Kon-
struktion des Einbandes. Es besteht aus einem Lederstreifen,
dessen Enden auf die Stehkanten hinübergezogen sind; bei den
über den Kanten liegenden Teilen des Kapitals werden die Faden-
enden des auch hier umflochtenen Lederstreifchens durch Einschnitte
im Holzdeckel nach innen geführt und dann zu dritt in je einem Bohr-
loch verpflöckt. Das Leder des Rückens ist mit dem Kapital nicht
vernäht, der Rücken ohne hervorstehende Bünde, nur mit einigen
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