7. Malerei und Kunsthandwcrk der Antike.
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Römische Skulptur.
Seit den letzten Zeiten der Republik batte sich die hellenistische Kunst in Rom ein-
gebürgert. In Menge wandern griechische Kunstwerke, gehen griechische Bildhauer nach
Rom; der Sammeleifer römischer Kunstfreunde begünstigt bald ein archaisierendes Ideal,
bald sucht er die berühmten Bildwerke von Hellas, wenigstens in Nach- und Umbildungen,
zu erwerben. In augusteischer Zeit fand das Relief an öffentlichen Denkmälern zumeist
zur Verherrlichung des Staates und des Herrschers Pflege. Der Altar der kaiserlichen
Friedensgöttin, die Ara Paris Augustae, 9 v. Chr. geweiht, ist das vornehmste Werk derart
(Abb. 287—290). Vom Schmuck eines Brunnenhauses rührt das Relief einer säugenden
Löwin in landschaftlicher Umgebung her (Abb. 286). Wie diese Arbeit erkennen läßt, sind
vielfach griechische Werkstätten, wie die des Agasias von Ephesus, des Großgriechen Pasiteles
u. a., für römische Große, die ihre Villen mit Statuen schmückten, tätig. Allein die Mode
des Kaiserreichs ließ es sich nicht genug sein an der Anlehnung an griechische Art; unter
Hadrian wurden auch orientalische Vorbilder kopiert. Dieselbe Zeit erlebte in den Dar-
stellungen von Hadrians Liebling Antinous (Abb. 293) ein Ideal, dem formale Schönheit
und trübsinniger Ausdruck in fast moderner Weise eigen sind. Zugleich kam eine Kunst-
richtung auf, die sinnlichen Reiz in anmutig kokette Erscheinung kleidete.
Selbständigen Geist offenbart die römische Kunst im Porträt. Hier konnte sie an
altheimische, etruskische Weise anknüpfcn und fand in den gewaltigen politischen Charakteren
des Kaiserreichs einen Stoff, der wie kein anderer geeignet war, die Porträtkunst zur Ent-
wickelung zu bringen. Einige hervorragende Beispiele römischer Porträtkunst sind: die Brutus-
büste (Abb. 283), die Cicerobüste (Abb. 284), die vornehme Marmorstatue des Augustus,
für eine Nische bestimmt, mit Spuren einstiger Bemalung (Abb. 285) und die schlichte Reiter-
statue Marc Aurels aus Bronze (Abb. 297). Die Kolossalbüste Konstantins (Abb. 144)
gibt ein starres Herrscherbild. Auch fremde Volkstypen wußte man mit realistischer Treue
wiederzugeben, das zeigen besonders die historischen Reliefs (Abb. 294, dann am Triumph-
bogen des Titus Abb. 292 und an der Trajanssänle, 113 n. Chr., um die sich das Relief in
Windungen herumzieht wie auch bei Abb. 137). Den von den Kriegstaten oder friedlichen
Handlungen der Kaiser erzählenden Reliefs ist eine übermäßig gedrängte Fülle von Figuren
eigen, daneben auch der Versuch, den Raum zu vertiefen und in das der Malerei vorbehaltene
Gebiet hinüberzugreifen. Derselben Richtung, auf malerische Schilderung des Vorgangs,
begegnen wir auch bei den spätrömischeu Sarkophagreliefs (Abb. 298) mythologischen oder
historischen Inhalts.
7. Malerei und Kunsthandwerk der Antike.
Die Meisterwerke antiker Malerei find für unsere Anschauung verloren; kein einziges
Gemälde eines der berühmten griechischen Meister ist ans uns gekommen. Wir folgen nur
schriftlichen Überlieferungen, wenn wir die berühmten Maler Griechenlands preisen. Daß
sie in ihrer Kunst nicht zurückgeblieben sind hinter der Kunst der Bildner, ist unsere wohl-
begründete Vermutung. Von den älteren Zeitgenossen des Phidias wird Polygnotos aus
Thasos hochgepriesen; die Heroenwelt war sein Stoffgebiet, in Delphi in der Halle (Lesche)
der Knidier hatte er die Zerstörung Trojas und die Unterwelt dargestcllt. Hatte er aber in
großen Zügen mit einfachen Mitteln religiöse Wandbilder geschaffen, so malte der Athener
Apollodoros Tafelbilder. Jüngere Zeitgenoffen waren Zcuxis und der Epheser Parrhasios,
aber diese, wie der geistreiche Timanthes — welche alle um 400 v. Chr. wirkten — wurden
weit übertroffen von dem gefeiertsten und fruchtbarsten Maler des Altertums, von Apelles,
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Römische Skulptur.
Seit den letzten Zeiten der Republik batte sich die hellenistische Kunst in Rom ein-
gebürgert. In Menge wandern griechische Kunstwerke, gehen griechische Bildhauer nach
Rom; der Sammeleifer römischer Kunstfreunde begünstigt bald ein archaisierendes Ideal,
bald sucht er die berühmten Bildwerke von Hellas, wenigstens in Nach- und Umbildungen,
zu erwerben. In augusteischer Zeit fand das Relief an öffentlichen Denkmälern zumeist
zur Verherrlichung des Staates und des Herrschers Pflege. Der Altar der kaiserlichen
Friedensgöttin, die Ara Paris Augustae, 9 v. Chr. geweiht, ist das vornehmste Werk derart
(Abb. 287—290). Vom Schmuck eines Brunnenhauses rührt das Relief einer säugenden
Löwin in landschaftlicher Umgebung her (Abb. 286). Wie diese Arbeit erkennen läßt, sind
vielfach griechische Werkstätten, wie die des Agasias von Ephesus, des Großgriechen Pasiteles
u. a., für römische Große, die ihre Villen mit Statuen schmückten, tätig. Allein die Mode
des Kaiserreichs ließ es sich nicht genug sein an der Anlehnung an griechische Art; unter
Hadrian wurden auch orientalische Vorbilder kopiert. Dieselbe Zeit erlebte in den Dar-
stellungen von Hadrians Liebling Antinous (Abb. 293) ein Ideal, dem formale Schönheit
und trübsinniger Ausdruck in fast moderner Weise eigen sind. Zugleich kam eine Kunst-
richtung auf, die sinnlichen Reiz in anmutig kokette Erscheinung kleidete.
Selbständigen Geist offenbart die römische Kunst im Porträt. Hier konnte sie an
altheimische, etruskische Weise anknüpfcn und fand in den gewaltigen politischen Charakteren
des Kaiserreichs einen Stoff, der wie kein anderer geeignet war, die Porträtkunst zur Ent-
wickelung zu bringen. Einige hervorragende Beispiele römischer Porträtkunst sind: die Brutus-
büste (Abb. 283), die Cicerobüste (Abb. 284), die vornehme Marmorstatue des Augustus,
für eine Nische bestimmt, mit Spuren einstiger Bemalung (Abb. 285) und die schlichte Reiter-
statue Marc Aurels aus Bronze (Abb. 297). Die Kolossalbüste Konstantins (Abb. 144)
gibt ein starres Herrscherbild. Auch fremde Volkstypen wußte man mit realistischer Treue
wiederzugeben, das zeigen besonders die historischen Reliefs (Abb. 294, dann am Triumph-
bogen des Titus Abb. 292 und an der Trajanssänle, 113 n. Chr., um die sich das Relief in
Windungen herumzieht wie auch bei Abb. 137). Den von den Kriegstaten oder friedlichen
Handlungen der Kaiser erzählenden Reliefs ist eine übermäßig gedrängte Fülle von Figuren
eigen, daneben auch der Versuch, den Raum zu vertiefen und in das der Malerei vorbehaltene
Gebiet hinüberzugreifen. Derselben Richtung, auf malerische Schilderung des Vorgangs,
begegnen wir auch bei den spätrömischeu Sarkophagreliefs (Abb. 298) mythologischen oder
historischen Inhalts.
7. Malerei und Kunsthandwerk der Antike.
Die Meisterwerke antiker Malerei find für unsere Anschauung verloren; kein einziges
Gemälde eines der berühmten griechischen Meister ist ans uns gekommen. Wir folgen nur
schriftlichen Überlieferungen, wenn wir die berühmten Maler Griechenlands preisen. Daß
sie in ihrer Kunst nicht zurückgeblieben sind hinter der Kunst der Bildner, ist unsere wohl-
begründete Vermutung. Von den älteren Zeitgenossen des Phidias wird Polygnotos aus
Thasos hochgepriesen; die Heroenwelt war sein Stoffgebiet, in Delphi in der Halle (Lesche)
der Knidier hatte er die Zerstörung Trojas und die Unterwelt dargestcllt. Hatte er aber in
großen Zügen mit einfachen Mitteln religiöse Wandbilder geschaffen, so malte der Athener
Apollodoros Tafelbilder. Jüngere Zeitgenoffen waren Zcuxis und der Epheser Parrhasios,
aber diese, wie der geistreiche Timanthes — welche alle um 400 v. Chr. wirkten — wurden
weit übertroffen von dem gefeiertsten und fruchtbarsten Maler des Altertums, von Apelles,