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Borel, Pierre; Grautoff, Otto [Editor]
Gustave Courbet im Kampf mit den Dämonen seiner Zeit: eine Künstlertragödie — Berlin: Eigenbrödler-Verl., 1925

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https://doi.org/10.11588/diglit.53150#0058
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Sprüche, die er ohne Nachdenken tat, die aber die Feinde des
Malers sorgfältig auffingen und behielten.
Wahr bleibt, daß Courbet sein ganzes Leben hindurch eine
tiefe Erinnerung an das Erlebnis des Meeres bewahrt hat. Als
er später den Ozean sah, der übrigens ein ganz anderes Ge-
sicht zeigt als das schläfrige Mittelmeer, empfand er nur ein
flüchtiges Staunen.
,,Das habe ich im Kleinen schon gesehen“ schreibt er darüber
an seine Schwester Zelie.
Paris vergaß ihn nicht. Sammler schrieben ihm, um ihn um
Landschaften aus dem Süden zu bitten. In dieser Zeit malte
Courbet jenen berühmten Akt, der in dem kleinen Kreise, in
dem er gezeigt wurde, Aufsehen erregte*.
Man mahnte ihn wegen begonnener Porträts und forderte
versprochene Arbeiten von ihm. Ein Zeugnis dafür ist folgen-
der Brief, eine Antwort Courbets an einen seiner Auftrag-
geber:
* Im dritten Bande des Tagebuches der Brüder Goncourt steht: „18. No-
vember 1867. Nichts, nichts und noch einmal nichts in dieser Ausstellung von
Courbet, kaum zwei Meereshimmel. Abgesehen davon, ganz pikant bei diesem
Meister des Realismus, keine einzige Naturstudie . . . Und dann das Häßliche,
immer das Häßliche und zwar die „bürgerliche Häßlichkeit“, die Häßlichkeit
ohne ihren Charakter, ohne die Schönheit des Häßlichen.“
22 Jahre später, im siebenten Bande, hat Edmond Goncourt seine Meinung
geändert:
„ 29. Juni 1889. Heute hat mir ein Händler geschrieben, daß er japanische
Bücher und Kunstgegenstände erhalten habe. Und als ich mit etwas gelang-
weilten Augen die sehr mittelmäßige Sendung aus dem Kaiserreich der auf-
gehenden Sonne betrachtete, sagte der Händler zu mir: ,Kennen Sie das?‘ und
öffnete mit einem Schlüssel ein Gemälde, dessen Außenseite eine Dorfkirche im
Schnee zeigt, und dessen verborgenes Bild, ein Werk Courbets für Kalil-Bey, einen
weiblichen Bauch und Unterleib darstellt. Vor dieser Leinwand, die ich niemals
gesehen hatte, mußte ich Courbet ehrenvolle Abbitte leisten. Dieser Bauch ist
schön wie die Fleischmalerei eines Correggio.“
Dieser Akt befand sich in der Sammlung des Barons Francois de Halvan.

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