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Grosjean, Georges [Hrsg.]; Cavelti, Madlena [Hrsg.]
500 Jahre Schweizer Landkarten — Zürich, 1971

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https://doi.org/10.11588/diglit.10984#0054

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wird noch härter kopiert, so daß nur die allertiefstcn Schatten bleiben.
Mit den Farben Hellblau, Gelb und Rosa wird dagegen ein hypso-
metrischer Farbaufbau erzeugt, in der Weise, daß die Farben durch
verschieden dichte Punkt- und Linienraster in verschiedene Hellig-
keitsstufen zerlegt und miteinander kombiniert werden, so daß sich
von Blaugrün in der Tiefe eine Farbabstufung zu Grün, Gelbgrün
und Gelb-Rosa nach der Höhe ergibt. Anhand der Höhenkurven
werden die Flächen, die einer bestimmten Flöhenstufe entsprechen,
mit bestimmten Rastern der verschiedenen Farben belegt. Dies wird
aber nicht schematisch durchgehalten, sondern den verschiedenen
Gcländeausschnitten der Karte angepaßt, um überall eine gute Relief-
wirkung zu erzeugen. Hellblau reicht mit der hellsten Stufe bis 900 m
hinauf, Gelb beginnt mit der hellsten Stufe bei 450m und reicht mit
der intensivsten Stufe bis 2000m. Von hier an beginnt wieder Ab-
schwächung zugunsten von Rosa. Durch allerlei technische Finessen
wird die Wirkung erhöht. Um die Rclieffarben und die hypsometri-
schen Farben richtig in Harmonie zu bringen, so daß sich die Effekte
nicht gegenseitig abschwächen, wird Gelb in den Schattenpartien,
Blau in den Lichtpartien auf kopiertechnischem Wege etwas aufge-
hellt. Die hellblauen Töne werden durch eine sehr weiche leichte
Rasteraufnahme des Reliefs etwas unterstützt. Felsen und Gletscher
werden in Gelb ausgespart, dafür erhalten alle Felspartien, auch die
tiefer gelegenen, einen Rosaton. Es ist eine große Kunst und erfordert
sehr viel Vorstellungsvermögen und technische Erfahrung, eine solche
Karte zu erstellen; denn erst im Zusammendruck aller Farben kann
das Werk beurteilt werden. So wie Xaver Iwfeid in seinem Entwurf
für die Schulwandkarte die Farben Schicht auf Schicht lasierend auf-
einanderlegte, so arbeitet der moderne Kartograph mit Folien, Rastern
und Photofilmcn verschiedener Härte, bis sich Schicht auf Schicht
zum harmonischen Relief bild zusammenfügt.

DIE LANDESKARTEN DER GEGENWART

Dem 20. Jahrhundert war es vergönnt, erstmals schweizerische Land-
kartenwerke von Grund auf nach allen Regeln der Wissenschaft und
Technik zu schaffen, ohne Improvisation und ohne Druck akuter
Notlage. Bereits während der Herausgabe des Sicgfriedatlasscs wur-
den die geodätischen Grundlagen zu den neuen Kartenwerken gelegt.
1864 wurde auf internationaler Ebene das Unternehmen der mittel-
europäischen Gradmessung ins Leben gerufen. Es galt, die Triangula-
tion der mitteleuropäischen Staaten nach einheitlichen Richtlinien
aufeinander abzustimmen. Die Schweiz hatte sich an dem Unter-
nehmen durch die sehr anspruchsvolle Aufgabe des Alpcnübergangs
zu beteiligen. In den Jahren 1862 bis 1891 wurde daher durch die
Geodätische Kommission der Schweizerischen Naturforschenden Ge-
sellschaft ein neues Drciccksnctz über die zentralen Schweizer Alpen
und Teile des Mittcllands und Juras vermessen. 1880 wurde durch
den spanischen Ingenieur General Ibanez im Auftrage des Eidgenös-
sischen Topographischen Bureaus eine neue, verhältnismäßig kurze
Basis bei Aarberg gemessen. Im Jahre daraufmaßen schweizerische
Ingenieure die Kontrollbasen bei Weinfcldcn und Giubiasco mit dem
von Ibanez entwickelten Apparat. Ab 1900 wurde das Eidgenössische
Topographische Bureau unter dem Namen Eidgenössische Landes-
topographie unter der Leitung von Leonz Held als selbständige Ab-
teilung des Eidgenössischen Militärdepartementes zu einem leistungs-
fähigen Betrieb für Geodäsie (Vermessung), Topographie (Gelände-
aufnahme) und Kartographie (Kartcnherstellung) ausgebaut. Von
1900 bis 1922 wurde die Triangulation der mitteleuropäischen Grad-
messung zu einer einheitlichen Triangulation I., II. und III. Ordnung
über die ganze Schweiz ergänzt, verdichtet und zum Teil durch neue
Netze ersetzt. Wieder zogen die Ingenieure mit ihren Gehilfen ins
Hochgebirge, diesmal unter bessern Voraussetzungen. Die Signale
wurden fachgerecht und dauerhaft errichtet. Alpine Technik und
Ausrüstung hatten einen Stand erreicht, der bei aller Anstrengung
doch die Arbeit im Hochgebirge in ihrer ganzen Schönheit empfin-
den ließ. Der S AC hatte seit 18 63 ein Stützp unktnetz von über hundert
Hütten als Unterkünfte errichtet. Es war eine große Zeit, die allen,

f

die daran teilhaben durften, in unauslöschlicher Erinnerung blieb-
Eine weitere Verdichtung des Triangulationsnetzes sollte vor allen1
der Grundbuchvermessung dienen, die durch das vom Schweizervolke
im Jahre 1907 angenommene Zivilgesetzbuch für die ganze Schwerz
einheitlich vorgeschrieben wurde. Die Grundbuchtriangulation IV.On"
nung wurde den Kantonen übertragen. Heute stehen im ganzen Land
rund 73000 gut versicherte Triangulationspunkte zur Verfügung-
imDurchschnitt fast zweijc Quadratkilometer. Aber auch die Höhen-
messung wurde von Grund auf neu aufgebaut. Dufour war noch
darauf angewiesen gewesen, die Höhe des Chasserals von der fran-
zösischen Geodäsie zu übernehmen und von da aus die Höhe der
Pierre du Niton, eines erratischen Blocks im Hafen von Genf, zu be-
stimmen, den er zum Ausgangspunkt der schweizerischen Höhen-
messung wählte. Ein Präzisionsnivellement wurde in den Jahren i8ö5
bis 1887 durch die Professoren Hirsch und Plantanwur im Auftrag
und unter Aufsicht der Schweizerischen Geodätischen Kommission in1
Anschluß an das Nivellement der Nachbarstaaten durchgeführt. I901
bestimmte Ingenieur Dr. Hilfiker die Höhe der Pierre du Niton au
373,60m, gegenüber dem alten Wert von 376,86m. Von dem neuen
Horizont der Pierre du Niton aus führte die Eidgenössische Landes-
topographie von 1903 bis 1927 ein Präzisionsnivellement entlang den
großen Straßen durch, das für die ganze Schweiz rund 7500 in ihrer
Höhe sehr genau bestimmte Punkte lieferte. Dazu kommen 5800
Punkte des Eidgenössischen Amtes für Wasserwirtschaft. Beim Ni'
vehement wird mit einem genau horizontal einstellbaren Fernröhr
auf verhältnismäßig kurze Distanz (20 bis 40 m) eine senkrechte Latte
zuerst rückwärts in der ersten Stellung und dann vorwärts in der
zweiten Stellung anvisiert. Der Unterschied der Ablesung auf der
Latte entspricht dem Höhenunterschied der zwei Fußpunkte der
Latte. Beim Fortschreiten des Verfahrens werden die Niveauunter-
schiede summiert. Für das Präzisionsnivcllement wurden spezielle
Meßlatten (Miren) aus Metall mit Millimetcrteilung verwendet, die
in ihrem Innern ein bimctallisches Lineal eingebaut hatten und er-
laubten, die zufolge Temperatur und Feuchtigkeit eintretende Län-
genveränderung unmittelbar abzulesen. Andere Miren wurden bei
der Feldarbeit täglich mittels Mikroskopen ein- oder mehrmals mit
einem im Schatten eingelagerten Vergleichsmaßstab aus Invar, einer
speziell maßhaltigen Legierung, verglichen. Außerdem fanden m1
Frühjahr und Herbst Vcrgleichungen der Miren und Verglcichsstäbe
mit den in einem Kcllcrraum der Landestopographie unter mög-
lichst gleichbleibender Temperatur eingelagerten Komparatoren
(Vcrglcichsmaßstäben) statt. Von 1914 an wurden Miren aus Invar
verwendet. Im Felde wurde nur zu Tageszeiten gearbeitet, in denen
die Luft wenig flimmert. Jede Nivellcmentslinic wurde von ver-
schiedenen Equipen zweimal gemessen. Im Durchschnitt schritt das
Nivellement um 1,5 km im Tag voran. Die gemessenen

Strecken

führten in 18 Polygonen immer wieder an den Ausgangspunkt zu-
rück. Am Schluß konnten die Differenzen ausgeglichen werden. Der
wahrscheinliche Fehler, der errechnet wurde, beträgt ± 0,93 Mini'
meter pro Kilometer Nivellement. Um für die künftigen Karten
einen möglichst günstigen Gradnetzentwurf zu erhalten, wurde I9°3
die schiefachsige Zylinderprojektion als künftige Kartenprojektion be-
stimmt. Dabei denkt man sich, wie bei der Mercatorprojektion,
einen Zylinder über die Erde gestülpt, der aber die Erde nicht am
Äquator, sondern an einem Kreis berührt, der durch Bern geht. Das
Gradnetz wird von der Kugel auf diesen Zylinder projiziert und
kann dann in die Ebene der Karte abgewickelt werden. Ein solches
Gradnetz wird winkeltreu, weist aber für die Umgebung des Kar-
tenmittelpunktes, also in diesem Falle die Schweiz, auch sehr hohe
Annäherung an Längen- und Flächentreue auf. Die extremsten Län-
genabweichungen, die in den neuen schweizerischen VermcssungS'
und Kartenwerken zufolge der Projektion vorkommen können, be-
tragen '/ioooo. Dies liegt innerhalb der Toleranzen, die für die sehr
anspruchsvollen Grundbuchvermessungen in Städten als tragbar er-
achtet werden.

In den 1920er Jahren entbrannte der Streit um die Gestaltung
der künftigen Landeskarten. Alles wurde in Frage gestellt und disku-
tiert: die Maßstabreihe, die Geländedarstellung, die Äquidistanz der

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