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Verlag Fritz Gurlitt (Berlin) [Contr.]
Almanach auf das Jahr ... — 1919

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126

DIE SAMLÄNDISCHE ODE

. . . . Dann wieder — oh so unsagbar — scheint alles Gewässer
draußen erhöht und erhoben;
als eilt’ es vom Land zum Meer (von täuschenden Horizonten
hinauf getan)
ein paar mächtige niebetretene Steinstufen hinan.
:Dann wieder weilt das Meer (von Samland aus) wie auf einem
prächtigen Podium droben.
(Doch du weißt: es ist Wahn;
weißt: Horizonte, die tim nun zumeist so verschroben!)
Aber dann — geheimnisvoll webend —; und aber dann
lebt selbst Solches und Solches wie Etwas, das nur zwischen Frau
und Mann:
Aufblickt Samland zum Meer;
aufblickt Samland zum Meer oft — morgens —: wie eine Witwe
zu ihres gefallenen Gatten Waffe und Wehr,
so über ihr hängt. (Und Abgestorbener Schatten: die gehen ja
immer um
von unserm Gedächtnis erhöht und erhoben wie droben auf einem
prächtigen Podium . . . .)
Nein. Diesen Traum mußt du träumen als läg’ hier Samland
— ein Weib —
unter Wutschäumen neben dem Meere als wär’ es des toten Gatten
erhabener immer noch unbegrabener Leib.
(Und Torpedoboote fräßen sich gleich Aasgeziefer durch seinen
blähenden Balg.)
Und jede Erdperiode einmal übermannt die Riesin besonders
tierische Lust
nach dem erschlagenen Riesen. Und zerrt sich selber die Brust.
 
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