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DER ALMANACH
gegeben, der es auf 32 Jahrgänge brachte. Das Taschenbuch zum
geselligen Vergnügen, der Almanach der häuslichen und gesell-
schaftlichen Freuden und ähnliche Produkte unterrichten uns
eingehend über Gesellschaftsspiele, Rundgesänge, Leber-Reime,
Tänze, mit denen sich die Jugend die Zeit vertrieb. Man könnte
sie noch heute mit Nutzen studieren, z. B. bei Pfänderspielen,
„Veilchen suchen" — das hieß: jede Person des anderen Geschlechts
der Reihe nach küssen.
In der Ausstattung spielen die Kupfer eine große Rolle, und
unter ihnen stehen neben Illustrationen zu beliebten Romanen,
z. B. Sophiens Reise von Memel nach Sachsen, die Modebilder
obenan. Wenn sie auch beinahe ausschließlich nach französischen
und englischen Vorlagen kopiert sind, so haben doch die deutschen
Künstler Chodowiecki, Roßmäßler, Riepenhausen u. a. in die Um-
wertung, die sie vornahmen, eine eigentümliche Note von Anmut
und Liebenswürdigkeit hineingetragen, die wir ihnen persönlich
zugute halten dürfen. Chodowiecki war ja der geborene Kalender-
mann, sein Talent entfaltet sich am glänzendsten und glücklichsten
auf dem engen Raum eines Almanachkupfers, die er zu hunderten
hergestellt hat. Neben den Pariser Moden gibt es gelegentlich
auch Berliner, Dresdner, Leipziger, Hannoveraner „Kopfzeuge",
ja der Leipziger Frauenzimmer-Almanach zum Nutzen und Ver-
gnügen brachte 1786 das erste Reformkleid. Außer den Kupfer-
beilagen enthalten fast alle Almanache Musikbeilagen mit den
Melodien der Lieder und Gesänge, denn gesungen wurde in
Gesellschaft damals anscheinend mehr als Konversation gemacht.
Sehr häufig finden sich Schreibtafeln, die zum Abwaschen ein-
gerichtet sind. Der Einband ist mit Sorgfalt und Liebe ausgeführt
und, wo er sich erhalten hat, ein köstliches kleines Denkmal für
den Geschmack der alten Zeit. Gefärbtes und gemaltes Pergament;
Seide, einfarbig und gestreift, vergoldet und versilbert, Goldschnitt
DER ALMANACH
gegeben, der es auf 32 Jahrgänge brachte. Das Taschenbuch zum
geselligen Vergnügen, der Almanach der häuslichen und gesell-
schaftlichen Freuden und ähnliche Produkte unterrichten uns
eingehend über Gesellschaftsspiele, Rundgesänge, Leber-Reime,
Tänze, mit denen sich die Jugend die Zeit vertrieb. Man könnte
sie noch heute mit Nutzen studieren, z. B. bei Pfänderspielen,
„Veilchen suchen" — das hieß: jede Person des anderen Geschlechts
der Reihe nach küssen.
In der Ausstattung spielen die Kupfer eine große Rolle, und
unter ihnen stehen neben Illustrationen zu beliebten Romanen,
z. B. Sophiens Reise von Memel nach Sachsen, die Modebilder
obenan. Wenn sie auch beinahe ausschließlich nach französischen
und englischen Vorlagen kopiert sind, so haben doch die deutschen
Künstler Chodowiecki, Roßmäßler, Riepenhausen u. a. in die Um-
wertung, die sie vornahmen, eine eigentümliche Note von Anmut
und Liebenswürdigkeit hineingetragen, die wir ihnen persönlich
zugute halten dürfen. Chodowiecki war ja der geborene Kalender-
mann, sein Talent entfaltet sich am glänzendsten und glücklichsten
auf dem engen Raum eines Almanachkupfers, die er zu hunderten
hergestellt hat. Neben den Pariser Moden gibt es gelegentlich
auch Berliner, Dresdner, Leipziger, Hannoveraner „Kopfzeuge",
ja der Leipziger Frauenzimmer-Almanach zum Nutzen und Ver-
gnügen brachte 1786 das erste Reformkleid. Außer den Kupfer-
beilagen enthalten fast alle Almanache Musikbeilagen mit den
Melodien der Lieder und Gesänge, denn gesungen wurde in
Gesellschaft damals anscheinend mehr als Konversation gemacht.
Sehr häufig finden sich Schreibtafeln, die zum Abwaschen ein-
gerichtet sind. Der Einband ist mit Sorgfalt und Liebe ausgeführt
und, wo er sich erhalten hat, ein köstliches kleines Denkmal für
den Geschmack der alten Zeit. Gefärbtes und gemaltes Pergament;
Seide, einfarbig und gestreift, vergoldet und versilbert, Goldschnitt